CDU-Grünen Posse in Baden-Württemberg

Internetmedien müssen dafür sorgen, dass ihre Überschriften  Interesse beim Leser auslösen, sonst ist der ganz schnell auf einer anderen Seite. Die Welt hat das gestern bei mir geschaft: Sie titelte „CDU droht grünem Minister mit Rücktrittsforderung„. Die überschrifft klingt erst einmal so dämlich, dass sie eigentlich nur falsch sein kann.

Denn man weiß ja, dass Rücktrittsforderungen heutzutage inflationär verteilt werden. Guttenberg hat mehrerer bekommen, bis er zurückgetreten ist. Aber auch sonst ist die Opposition immer sehr schnell dabei, Minister zum Rücktritt aufuzfordern. Daher wirkt es ein wenig niedlich, dass die CDU damit droht, eine Rücktrittsforderung auszusprechen. Doch die CDU Drohung wirkt nach der Lektüre des Artikels gar nicht mehr niedlich, sondern irgendwo zwischen dämlich und verbissen.

Der Streitpunkt ist, dass der grüne Verkehrsminister Baden-Württembergs, Winfried Hermann, gelogen haben soll. Die CDU wirft ihm vor, schon von dem positiven Ende des Stresstests Stuttgarts 21 gewusst zu haben, als er noch auf Wahlveranstaltungen verlautete, der Stresstest werde das Projekt zum Scheitern bringen. Der Vorwurf ist einfach unsinnig, weil es nicht verwunderlich wäre, wenn dem so wäre. Denn die Grünen haben von Anfang an geglaubt, dass das Projekt am Stresstest scheitern würde. Das haben sie gegenüber ihren Wählern regelmäßig deutlich gemacht. Eine Abkehr von diesem Kurs müsste vorbereitet sein und auf Tatsachen beruhen.

Bisher liegt das endgültige Ergebnis des Stresstests jedoch noch nicht vor. Daher ist für einen solchen Positionswandel der Grünen keine Basis vorhanden. Selbst wenn es Anzeichen dafür gäbe, dass der Stresstest bestanden wirde, müsste das grüne Weltbild dem Minister noch sagen, dass das nicht sein kann. Der Vorwurf der Lüge wäre daher etwas stark. Denn Anzeichen sind nun einmal keine Tatsachen. Insofern kann der Minister auch sagen, dass er keine „überprüfbare Daten“ erhalten habe.Der Vorfall zeigt viel mehr, dass die Grünen wie alle Parteien Wahrheiten so formulieren, dass sie in das eigene Weltbild, die eigene Positionierung passen. Die Grünen sind also lediglich da, wo alle anderen Parteien schon sind. Das ist schade und schlecht, aber bei dem derzeitigen Kurs der Grünen nicht verwunderlich.

Peinlich ist die Farce eigentlich für die CDU. Der Welt-Artikel suggeriert, dass sie irgendwie eine Entlassung des Ministers beantragen wollen. Ich weiß nicht, ob das im baden-württembergischen Landtag möglich ist. In der Bremer Bürgerschaft können einzelne Senatoren vom Parlament abgewählt werden, in den meisten deutschen Parlamenten ist das jedoch nicht möglich. Aber selbst wenn es möglich wäre, würde der Vorstoß am Widerstand der Mehrheitsfraktionen scheitern. Es bestünde aber höchstwahrscheinlich die Möglichkeit den Ministerpräsidenten aufzufordern, den Minister zu entlassen. Denn der Artikel spricht davon, dass die CDU etwas für die nächste Landttagssitzung plane. Insgesamt wird die Ankündigung einer Rücktrittsdrohung jedoch etwas armselig.

Letztendlich liegt Welt Online mit der Überschrift also gar nicht so falsch. Was dem Artikel aber fehlt, ist eine Beschreibung der Möglichkeiten der Opposition. Sie wird ihren Antrag niemals durchbringen können, dafür fehlen ihr die Stimmen. Aber in welcher Form sie den Antrag überhaupt stellen kann, wird im Artikel nicht verraten.Außerdem wird in dem Artikel nicht erwähnt, dass Hermann die Gültigkeit des Stresstests bezweifelte. Das wird zwar verlinkt, aber mit einem Zitat, was auf einen anderen Inhalt hindeutet.

Der Streit zwischen den Grünen und der CDU sorgt bei der Welt also für eine interessante Überschrift zu einem mäßigen Artikel und zeigt dem Wähler, dass die CDU in Baden-Württemberg in der Opposition ein ähnlich schlechtes Licht abgibt, wie in der Regierung.

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