Bildung & CDU: Ideologisch festgefahren

„Achtung: Einheitsschule“, „Rettet das Gymnasium“, „Diese Schule ist von Schließung bedroht“ – sucht man den „Renner“ in CDU-Landtagswahlkämpfen sind die Bildungsparolen fast immer auf den vorderen Plätzen. Die „Einheitsschule“ eignet sich für die Konservativen prächtig dafür, alle Parteien links von der CDU als ideologisch belastet abzustempeln. Denn man selbst besaß ja jahrzehntelang den Stein der Weisen in der Bildungspolitik: Stillstand bis das dreigliedrige Schulsystem nicht mehr auszuhalten ist.

Vor einigen Tagen ging dann die Meldung durch die Presse, dass sich die CDU in der Bildungspolitik tatsächlich bewegen möchte. Man habe erkannt, dass die Hauptschule in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr das Prestige besitzt, das sie einmal hatte. Von einigen Eltern werde sie gar als „Resteschule“ wahrgenommen. Die Lösung: Man legt die Realschule mit der Hauptschule zusammen.

Es ist beachtlich, dass die Union ein dreigliedriges System, dass einst für den Dreischritt „solide – gut – sehr gut“ stand und sich zu „schlecht – solide – gut“ entwickelte, durch ein zwei gliedriges System ersetzen möchte. Ob die Christdemokraten wirklich glauben, dass sie dadurch zwei Schulformen schaffen, die als „gut und sehr gut“ wahrgenommen werden?

Der „Taz“-Artikel zu dem Thema zog als einer der wenigen den richtigen Vergleich. Den in Schleswig-Holstein sorgte von 2005 bis 2009 eine Große Koalition dafür, dass zwei unterschiedliche Ansätze nebeneinander ausprobiert wurden.  Das Gymnasium blieb bestehen. Haupt- und Realschulen wurden entweder zu einer Regionalschule (die CDU würde es jetzt Oberschule nennen) oder eine Gemeinschaftsschule (die auch das Abitur anbietet) zusammengelegt. Das Ergebnis ist für das CDU-Modell verheerend.

Zum einen hat man von vornherein den falschen Namen vergeben. Es mag ja sein, dass Eltern früher die Hauptschule als „Resteschule“ bezeichnet haben, aber als in meinem Heimatort Wedel auf Betreiben der CDU die Haupt- mit der Realschule zu einer Regionalschule zusammengelegt wurde, bot sich aufgrund des „Rs“ die Bezeichnung „Resteschule“ geradezu an. Das Ergebnis war dementsprechend verheerend. Kaum Anmeldungen bei der Regionalschule, eine Vervielfachung der Anmeldezahlen bei der ehemaligen Gesamt- jetzt Gemeinschaftsschule, die lediglich auf 100 Schüler pro Jahrgang ausgerichtet ist und ab der Zahl auch einen Annahmestop verhängen darf. Nun, nachdem Real- und Hauptschule aufwändig zu einer Regionalschule ausgebaut wurden, musste die Schulform wieder geändert werden, zu einer Gemeinschaftsschule.

Der Taz-Artikel fasst die Entwicklung in Schleswig-Holstein knapp zusammen: 100 Gemeinschaftsschulen, kaum Regionalschulen. Dabei verschweigt der Artikel, dass mittlerweile selbst CDU-dominierte Kommunalversammlungen für die Gemeinschaftsschulen plädieren.

Ließe man also den „Markt“, also die Anmeldezahlen entscheiden, gewänne vermutlich auch bundesweit die Gemeinschaftsschule im Vergleich zu der Oberschule. Denn den meisten Eltern dürfte klar sein, dass das Abitur leichter zu erreichen sei, wenn die Oberstufe an derselben Schule angesiedelt ist. Außerdem wird auch in den Gemeinschaftsschulen – zumindest in Schleswig-Holstein – ab der achten Klasse getrennt unterrichtet.

Der „Marktwille“ ist für die derzeitige schwarz-gelbe Regierung in Schleswig-Holstein freillich kein Grund, der Gemeinschaftsschule so viele Steine in den Weg zu legen, dass viele von einer Enthauptung sprechen. Diese Entscheidung als auch die Kontroverse um die diesjährige Verleihung des „Deutschen Schulpreis“, die zeigte, dass sich einige CDU-Ministerpräsidenten sogar weigerten, mit Gesamtschulen zu reden, zeigt, dass die Union es ist, die ideologisch festgefahren ist. Der Elternwille, das Lernkonzept oder die gesellschaftliche Wahrnehmung spielen in den Überlegungen der CDU-Bildungspolitik keine Rolle. Das einzige, das für die Union zählt, ist ein festgefahrenes Weltbild, das lediglich dann angepasst wird, wenn es gar nicht mehr anders geht. Jetzt ist so ein Fall und man entscheidet sich – fälschlicherweise – für ein gefährliches zwei-gliedriges System, das in der direkten Gegenüberstellung zu einem Modell mit Gemeinschaftsschulen schon einmal den Kürzeren zog.

Es ist beruhigend zu wissen, dass die SPD einen Gegenvorschlag hat. Ernst-Dieter Rossmann, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, legte bereits im letzten Jahr ein Papier vor, das zwei Probleme durch eine Maßnahme aus der Welt räumen könnte. Rossmann schlägt unter anderem vor, die deutsche Schullandschaft durch einen Schulkonsens mit einem zwei-Säulen-Modell mit Gymnasium und Gemeinschaftsschule auf einen Nenner zu bringen.

Unter diesen Gesichtspunkten wirken die ständigen Diffamierungen der Union eigentlich nur lächerlich. Denn wenn jemand in der Bildungspolitik ideologisch verblendet ist, dann ist es die CDU.

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