Wer ist Rösler? – Position statt Schnellanalysen
|Lange hat es gedauert, dann ist es auf einmal passiert: Guido Westerwelle ist als FDP-Vorsitzender zurückgetreten. Der Nachfolger war im Vorfeld offenbar nicht genau abgestimmt, wurde aber dennoch in Rekordzeit gefunden: Philipp Rösler.
Jetzt überbieten sich die Online-Magazinen mit hastig zusammengeschriebenen Thesen darüber, wer Rösler eigentlich ist. Man kommt zu der Analyse, dass es unsicher ist, ob er den Knochenjob durchhält. Oder aber man präsentiert dem Leser gleich sechs Thesen, was Rösler alles sein könnte. Dadurch wird deutlich, die Medien haben eigentlich keine Ahnung, niemand dürfte Rösler richtig einschätzen. Der neue FDP-Vorsitzende könnte somit für die ein oder andere Überraschung gut sein.
Jetzt wird viel von dem „sozialen“ Teil der FDP geredet. Auch in diesem Punkt zeigen die Kommentatoren doch, dass sie wenig mitbekommen haben. Rösler ist Gesundheitsminister. Das ist der Job im Kabinett, um den man am wenigsten beneidet wird. Rösler macht darin aber – aus FDP-Sicht – einen echt guten Job. Es gibt zwar regelmäßig Artikel darüber, wie er das Ministerium der Pharma-Lobby quasi verkauft, seine Reformen werden alle zu Reförmchen und dennoch gelang es ihm die solidarische Finanzierung der Gesundheitsversorgung auszuhebeln. Dennoch ist die Opposition bisher kaum über ihn hergefallen und in der öffentlichen Meinung steht er im Vergleich zu anderen FDP-Größen auch nicht besonders schlecht dar.
Das ist merkwürdig. Denn die Quintessenz von Röslers bisherigen Taten ist doch: Die Kopfpauschale soll eingeführt werden, die solidarische Gesundheitsversorgung wird abgeschafft. Da das Prinzip der Kopfpauschale im Verlgeich zu dem Modell der Bürgerversicherung kaum sozial ist, dürfte die Opposition die Chance haben, ein gewinnbringendes Thema gegen den neuen FDP-Chef auf die Agenda zu setzen.
Unverständlich ist aber, warum sich die Medien weiterhin auf Schnellanalysen und Rätselraterei konzentrieren. Auch wenn der Spiegel ihm attestiert, dass Rösler sich bei der Kopfpauschale nicht durchsetzen konnte, der Plan bleibt bestehen. Dieses Ziel sollte einem genug über Rösler sagen: Jeder soll gleich viel bezahlen (Pauschalprinzip). Das ist in der Regel selten sozial und auch Rösler wird diesem Prinzip keine soziale Komponente hinzufügen können.
Wenn die FDP ihre Zukunft in einem Minister sieht, der in erster Linie für die Kopfpauschale steht, ist das drängen vieler Parteimitgliede, er möge bald das Wirtschaftsministerium übernehmen, sehr verständlich. Denn dann kann die Bevölkerung vergessen, was sich hinter einem angeblich „sozialeren“ Image versteckt.
Die FDP hatte doch nie ein „soziales“ Image. Ich kann mich garnicht mehr daran erinnern, wann diese Liberalen angeblich für mehr als Klientenpolitik gestanden haben. Der liberale Gedanke, den man irgendwie mit „Freiheit“ verbindet hat sich ja auch längst verabschiedet. Dahingehend wünsche dem Rösler viel Glück; aus meiner Sicht ist die FDP nämlich erledigt.