Fliegende Sympathien

In der letzten Woche fragte die Zeit, was Journalisten eigentlich anrichten. Die Artikel dazu im Magazin waren erstaunlich nichtssagend. Vermutlich sind sich die meisten Journalisten gar nicht bewusst, was sie anrichten.

Dabei können Medien in Zeiten geringerer Parteibindungen mehr erreichen als je zuvor. Welche Zeitung hat denn vor der Bundestagswahl 2009 gewarnt beziehungsweise prognostiziert, was die FDP in der Regierung alles anrichten könnte?

Kaum eine, stattdessen wurde der sagenhafte Aufstieg einer kleinen Partei bestaunt, es wurde spekuliert, wann die FDP die SPD denn überholen könnte.

Kaum war die FDP an der Regierung, trat nicht nur beim Bürger Ernüchterung ein. Auf einmal sprachen die Massenmedien wieder von einer Klientelpartei, beäugten die FDP kritisch.

Über die Grünen hört man in letzter Zeit auch wenig kritisches. Stattdessen werden vor allem die „bürgerlichen“ Chancen der Grünen hervorgehoben. Fraglich ist, ob sich diese Euphorie durch die Regierungszeit retten kann. Denn die meisten Magazine leben heute davon, permanent Pannen, Probleme und Skandale zu präsentieren.

Für die Grünen macht der Tagesspiegel nun schon einmal einen provokanten Anfang: Bewusst ätzend wird von der „Schande 21“ geredet. Die Grünen werden so beißend auf den Arm genommen, dass es fast nicht mehr schön ist.

Dabei ist der Ausgangspunkt des Artikels richtig. Ist die Anforderung, dass bei einem Volksentscheid ein Drittel der Wahlberechtigten für die gewinnende Sache votieren müssen, wirklich zu hoch? Ist ein Quorum von einem Drittel nicht eigentlich eher zu niedrig?

Das Fazit des Artikels, die Grünen hätten in Rekordzeit gezeigt, dass sie keine vertrauenswürdige Regierungspartei sind, teile ich nicht. Wohl aber, dass die Grünen keineswegs die „Heilbringer“ sind, als die sie manchmal dargestellt werden. Im Gegenteil, die Geschichte der Grünen dürfte zeigen, dass basis- und direktdemokratische Prinzipien immer dann über Bord geschmissen werden, wenn sie den Grünen nicht praktikabel erscheinen. Dabei ist es egal, ob Claudia Roth als Parteichefin ihr Bundestagsmandat behalten will oder eine Abstimmung anders ausgehen könnte, als man sich das wünscht.

Auch bei den Grünen zählt: Die eigene Linie soll durchgebracht werden, ob die Mehrheit das nun möchte oder nicht. Da sind die Grüne wie alle anderen Parteien.

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