Ein Raubzug auf der Oberfläche

Die Zukunft: Nach dem dritten Weltkrieg ist die Erdoberfläche vollkommen zerstört. Eine Techno-Kaste hat den Krieg unter der Erde geplant und die Waffen entwickelt. Die normalen „homo sapiens“ haben den Krieg durchgeführt und sich selbst zerstört.
Nun, über 200 Jahre später fahren die Technos immer wieder an die Oberfläche, um sich Arbeitsmaterial zu rauben. Harl Boynton ist noch in der Ausbildung, mithilfe seiner Abhörtechnik findet er jedoch heraus, dass sein Vater einen illegalen Raubzug plant. Er erpresst seinen Vater, um für seinen Jugendclub ebenfalls ein paar Sarp-Männchen und Weibchen zu stehlen. Doch auf der Oberfläche muss er erkennen, dass die Sarp gar nicht das aussterbende, wilde Volk sind, von dem sein Vater redet. Als er sich den Sarps zu erkennen gibt, geraten sie in Panik…

„Ein Raubzug auf der Oberfläche“ spielt mit einem immer wiederkehrenden Motiv bei Dick. Der dritte Weltkrieg wurde mit zerstörerischen Atom- und Wassterstoffbomben geführt, die Erde wie wir sie kennen, existiert nicht mehr.

In diesem Fall haben sich zwei überlebende Gruppen gebildet. Techniker und Mitglieder der Wissensgesellschaft, die tief im Erdinnern wohnten, während der Krieg lief. Sie wurden keiner Strahlung ausgesetzt und konnen sich Wissen, Technik und vor allem Arroganz bewahren. Auf der anderen Seite findet man die Überlebenden der Katastrophe, die sich nun darum bemühen, auf der leblosen Erde wieder Lebensgrundlagen zu schaffen.

Bis auf den letzten Absatz ist die Geschichte aus der Sicht der Techniker geschrieben. In deren Erklärung der Situation merkt man, dass sie sich für etwas Besseres halten. Dass die Techniker sehr mit den „Sarps“ verwandt sind, sorgt für eine wirklich Überraschung. Innerhalb von etwas mehr als 200 Jahren ist man da also zu der Erkenntnis gelangt, dass man so weit vom „Sarp“ entfernt sein müsse, wie der „Sarp“ vom Affen. Obwohl die Entwicklung in 200 Jahren gar nicht so schnell geschehen könnte.

Insofern ist der junge Harl überrascht, dass sich so etwas wie eine Dorfgemeinschaft bei den barbarischen „Sarps“ bildet. Wirklich aus der Fassung bringt ihn eine junge Künstlerin, mit der er unbedingt über die Bedeutung ihres Werkes reden möchte. Aber die – zugegeben primitiven – „Sarps“ sind über einen plötzlich auftauchenden, mit Maschinen versehenden, blassen Erdinnenbewohner natürlich zutiefst verstört. Harls Fassungslosigkeit ist von Dick sehr schön beschrieben. Der Jäger wundert sich darüber, dass seine Beute Angst vor ihm hat, wenn er sich ihr friedlich nähert.

Die Stärke der Kurzgeschichte liegt wieder einmal darin, dass sie eine ungewohnte Perspektive liefert. Zum einen nämlich die arrogante Sicht der Technos, die sich für etwas Besseres halten, als die Oberflächenmenschen und zum anderen die Sicht eines Jägers, der seine Beute gerne verstehen möchte und sich von ihr nicht geliebt sieht.

“Ein Raubzug an die Oberfläche”,27 Seiten, 1955, von Philip K. Dick, aus der Anthologie “Variante zwei”.

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