Profilschwäche?

Matthias Richel ist in seinem gestrigen Blogeintrag auf die angebliche Profilschwäche der SPD eingegangen. In dem Beitrag wird unter anderem auch die Aussage, man wisse nicht genau, wo die SPD steht, verarbeitet.

Dieser Vorwurf ist natürlich ein gefundenes Fressen für den politischen Gegner, der sich nach einer enorm peinlichen Kampagne gegen die Grünen, nun an einer ähnlich peinlichen Kampagne gegen die SPD versucht. Denn der Vorwurf der Profillosigkeit ist genau so berechtigt wie unberechtigt.

Natürlich musste sich die SPD von Regierungspositionen verabschieden, schließlich haben nicht umsonst mehr als 10 Prozent der Wähler ihr den Rücken gekehrt. Und dass die SPD nicht mit großen, endgültigen Wahrheiten herausrückt, liegt vermutlich tatsächlich daran, dass mit Regionalkonferenzen und Bürgerbeteiligungen, langfristig Positionen gefunden werden sollen. Ich finde, dass wurde auch beim „Fortschrittsprogramm“ viel zu wenig betont. Denn dabei handelt es sich immer noch um einen Entwurf.

Andererseits helfen einem Entwürfe natürlich nicht, Wahlen zu gewinnen. Und es muss Positionen geben, an denen man die Partei erkennt und für die man sie wählt. Das ist zur Zeit in der Tat ein Problem. Denn beim Thema Kernenergie muss die SPD natürlich eine Position haben, aber sie muss sich auch im klaren darüber sein, dass sie sie nicht gewinnen kann. Glaubwürdiger sind in diesem Thema nämlich immer die Grünen.

Stattdessen sollte ein eigenes Profil abseits von Umweltthemen geschärft werden. Aus dem Stehgreif würden mir da drei Themenbereiche einfallen: Steuergerechtigkeit, Gesundheit und Arbeit. In diesen drei Themenbereichen liegen zur Zeit Dinge im Argen und die SPD hat eine vernünftige Alternative dazu. Bürgerversicherung und Mindestlöhne sind zwei Lösungsansätze, mit denen die SPD bereits verbunden wird. Im Entwurf für ein Fortschrittsprogramm gibt es aber auch einige gelungene Passagen über ein gerechteres Steuerprogramm. Dabei sollte man sich aber in Zukunft darum bemühen, nicht mehr lange Diskussionen über die höhe des Spitzensteuersatzes zu führen und gleichzeitig die gewonnenen Prozentpunkte dreimal zu verteilen, sondern sich auf die guten Ideen wie der Abschaffung des Ehegattensplittings oder der Finanzmarkttransaktionssteuer konzentrieren. Im Arbeitsbereich preschte Hannelore Kraft vor der NRW-Wahl mit einem Recht auf Arbeit vor. Dieses Konzept wurde mal in einen Beschluss eingearbeitet, aber nie genauer erklärt. Dabei wären solche Konzepte nicht nur bahnbrechend, sondern auch extrem profilstiftend.

Die Positionen sind da, an der Vermittlung hapert es gewaltig. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass Programmatik in der Presse eigentlich keine Rolle mehr spielt und dass umfangreiche Dokumente im Internet nicht gelesen werden.

Daher bedarf es neben gelungener, gut beworbener Veranstaltungen in den Ländern außerhalb von Wahlkampfzeiten, gute Kampagnen, die von den Ortsvereinen auch umgesetzt werden können. Zur Zeit ist es so, dass immer mal wieder Material im Shop zur Verfügung steht, aber alles auf die Eigeninitiative von Ortsvereinen ankommt. Hier sollte und könnte man mit Landesverbänden und Kreisverbänden in Kontakt kommen um Aktionen ins Leben zu rufen.
Es gab allerdings auch schon einmal gelungene, Themenbezogene Videos der SPD. Im Bundestagswahlkampf waren die besten YouTube-Filme die über den Mindestlohn und den Deutschland-Plan. Es ist sowohl ärgerlich als auch unverständlich, warum gerade diese beiden Videos bei YouTube mittlerweile als privat eingestellt sind. Denn gerade anschauliches Material, dass SPD-Positionen vermittelt fehlt und wird dringend benötigt.

Eine andere Idee wäre das etwas erfolglose Konzept der Baden-Württembergischen SPD zu übernehmen und etwas zu verändern. Anstatt die Webseite warumspd? zu nennen, könnte man eine Seite unter dem Titel „darum SPD!“ einrichten, dort Positionen in Thesen verpackt auf einer Seite auflisten und auf Unterseiten einzelnd erläutern und zur Diskussion stellen. Auf diese Weise könnte man zum Beispiel den Entwurf für das Fortschrittsprogramm der SPD einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die Positionen sind also da, die Vermittlung gelingt aber kaum, in der Öffentlichkeit setzt sich wenig fest. Die neue SPD-Seite ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie sollte aber verbunden werden mit anschaulichen Positionsvideos, einem Forum und noch weiteren klugen Positionsvermittlungsansätzen von Kommunikationsstrategen, auf die ich als Laie nicht komme.

Dieser Artikel wurde ursprünglich für einen Blog auf der Webseite der SPD geschrieben.

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