Grüne Mobilisierung

Zwei weitere Länder sind rot-grün beziehungsweise grün-rot geworden. Für Sozialdemokraten sind das nicht unbedingt gute Neuigkeiten, schließlich hat man in Rheinland-Pfalz die absolute Mehrheit verloren und ist in Baden-Württemberg zum ersten Mal nur drittstärkste Kraft geworden. Zudem sind, gerade in Baden-Württemberg, wo man sich um einen sehr themenbezogenen Wahlkampf bemüht hat, die Themen eher untergegangen. Laut der ARD halten mehr als 40% der Baden-Württemberger die Ansichten der BaWü-SPD für irrelevant. Auch wenn die Ergebnisse 5% (BaWü) beziehungsweise 13% (RLP!) über dem der SPD bei der letzten Bundestagswahl liegen, sollte das zu denken geben.

Andererseits kann man sich darüber freuen, in beiden Ländern mitzuregieren, dabei sollten sich die bemühten Themen umsetzen lassen. Aber man kann sich auch darüber freuen, dass den Grünen scheinbar etwas gelungen ist, woran die meisten deutschen Parteien seit langem verzweifeln: Der Mobilisierungsgrad hat zugenommen.

Laut der ARD haben die Grünen so viele Nichtwähler wie Wähler von allen anderen Parteien zusammen gewonnen. Die Wahlbeteiligung stieg in Baden-Württemberg von 53% auf knapp 67% an. Das ist zwar immer noch kein rundum zufriedenstellendes Ergebnis, aber zeigt, dass ein interessanter Wahlkampf mit kontroversen Themen durchaus etwas gegen die scheinbar alternativlose „Politikverdrossenheit“ ausrichten kann. Ähnlich verhält es sich in Rheinland-Pfal, wo die SPD zwar krasse Verluste verkraften muss, aber die Mobilisierung der Grünen und der kampfbereiten CDU für 5% mehr Wahlbeteiligung gesorgt hat.

Wenn sich die Wogen geglättet haben, die politische Landschaft sich in Deutschland durch einen grünen Ministerpräsidenten umgekrempelt hat und alle das Ergebnis auf die Atomkatastrophe in Japan zurückführen und daraufhin den Weg der Atomenergie endgültig verlassen, werden die Parteien vielleicht merken, dass die Enttäuschten und Nichtwähler das größte Wählerpotential bieten. Und vielleicht wird der „Kampf gegen Politikverdrossenheit“ dann mehr als nur eine Phrase, sondern ein Werben um überzeugende Kandidaten und Programme.

Add a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert