Das böse ‚K‘-Wort

Da wird also Gesine Lötzsch auf einem Kongress mit dem Titel „Wo geht es zum Kommunismus?“ doch tatsächlich sagen, dass das langfristige Ziel der LINKEN der Kommunismus ist. Wie außerordentlich böse. Zudem verliert sie dabei kein Wort über frühere kommunistische Gewalttaten. Wie abscheulich. Alle Parteien plustern sich auf, fordern Überwachen, Ignorieren und Verdammen der LINKEN. Wie richtig.
Die Medien kommen gleich zu der Ansicht, LINKE fordern den Kommunismus. Dass der ganze Aufruhr auf einem Ausschnitt in der Jungen Welt aus einer (noch gar nicht gehaltenen) Rede Lötzschs für einen Kongress beruht, wird dabei gern übersehen.

Ich glaube, LINKER zu sein, muss in vielerlei Hinsicht anstrengend sein. Egal, was man macht, die Medien stürzen sich drauf. Ob man vor Jahrzehnten einen Porsche und eine Almhütte gekauft hat oder sich auf einem zu linken Kongress äußert, alles ist falsch.

Dabei hat sich die Partei nun einmal in einem Umfeld linker Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten gegründet. Und was kann denn da anderes herauskommen, als eine deutlich sozialistisch und eventuell auch kommunistisch orientierte Partei? Und ist es dann ein Wunder, dass man zwar manchmal noch von kommunistischen Verbrechen spricht, sie aber nicht ständig in Reden erwähnt?

Kein Internet-Medium verlinkt den kompletten Redetext von Lötzsch. Das Maximum bekommt man beim Spiegel mit einem Auszug, in dem Lötzsch sagt, dass es viele Wege zum Kommunismus gebe und dass man nur dorthin komme, wenn man in Regierung und Opposition verschiedene Möglichkeiten ausprobiere.
Dass man da nicht über kommunistischen Verbrechen schimpft, ist klar. Denn schließlich will sie ja von Wegen reden, die noch nicht begangen worden sind – was also die Versuche im Ostblock und in der ehemaligen DDR mit ausschließt.

Eine Kommunismus-Debatte macht mir die LINKE keinesfalls sympathischer. Aber es ist symptomatisch, wie heftig man sich auf die LINKE stürzt, nur weil jemand aus der Partei das K-Wort in den Mund genommen hat. Anstatt sich mit dem Inhalt der Rede auseinanderzusetzen, wird ein Wort rausgepickt und damit alles verurteilt. Mediendemokratie in reinster Form. Es ist traurig, dass alle anderen demokratischen Parteien da mitmachen und sich nicht wenigstens die Zeit nehmen, und Lötzsch inhaltlich zu wiederlegen.

Und selbst wenn es mit der Linken eine kommunistische Partei gäbe: Sind nicht auch in Parlamenten anderer europäischer Länder kommunistische Parteien vertreten? Griechenland hat noch kommunistische Parteien im Parlament, Frankreich ebenso. Auch Italien hatte bis 1990 eine starke Kommunistische Partei. Die Länder sind daran nicht kaputtgegangen (okay, zumindest nicht ganz). Im Gegenteil: Man muss sich mit einer weiteren politischen Meinung auseinandersetzen, was in einer Demokratie nicht schlecht ist. Natürlich ist es schön, wenn man zwei starke Volksparteien hat, denen es gelingt, jeweils eine Hälfte der Bevölkerung anzusprechen. Natürlich sorgt das für mehr Stabilität. Aber funktioniert nur, solange man in der Lage dazu ist, abweichenden Meinungen auch inhaltlich zu begegnen und Menschen davon zu überzeugen, dass ihr beabsichtigter Weg der falsche ist. Das scheint in der deutschen „Pöbelantwort“-Demokratie, in der gern gleich nach dem Verfassungsschutz gerufen wird, aber schwierig zu sein.

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