Liebediener (von Julia Franck)

Beyla muss eines Morgens mit ansehen, wie ihre Nachbarin Charlotte vor einem zu schnell fahrenden Auto ausweichen muss und dadurch unter den Rädern einer Straßenbahn landet. Charlotte stirbt bei diesem Unfall.
Als Konsequenz beginnt Beyla sich nicht nur Gedanken über den Tod zu machen, sondern bekommt von Charlottes Tante auch noch deren Wohnung überschrieben. So lebt Beyla nun in der Wohnung einer Toten, nimmt deren Anrufe entgegen. Beyla, die als Clown in einem Zirkus arbeitet, scheint dieser Wechsel gut zu tun, denn kurz darauf verliebt sie sich in Albert. Doch dann findet sie heraus, dass Albert wohl auch einmal mit Charlotte zusammen war. Und sieht er nicht dem Mann im Auto, der Charlotte gezwungen hat, sich vor die Straßenbahn zu werfen, extrem ähnlich? Und warum erzählt Albert so wenig über sich? Und wo ist er immer, wenn er nicht mit Charlotte zusammen ist? Und vor allem, warum geht er nie ans Telefon?

Ein skurriles Szenario. Eine Frau übernimmt die Wohnung einer Toten, schafft zwar deren Sachen raus, führt deren Leben aber in gewisser Weise weiter. Diese Thematik tritt jedoch mit der Beziehung zwischen Beyla und Albert in den Hintergrund.
Zwischenzeitlich läuft diese Beziehung richtig gut. Doch dann stört sich Beyla an immer mehr Kleinigkeiten. Zunächst sind es ganz unscheinbar Dinge. Vielleicht erzählt Albert nicht gerne von sich. Da wirkt es albern, dass sich Beyla daran stört. Das merkt sie dann auch irgendwann.
Er informiert sie halt nicht über jeden seiner Schritte. Auch das ist relativ normal.
Verrückt ist fast schon, das Beyla sich so sehr daran stört, dass Albert nicht ans Telefon geht, wenn sie da ist. Wenn er nicht telefonieren möchte, wenn sie Zeit gemeinsam verbringen, dann ist das doch eigentlich eine freundliche Geste.
Auch das sieht Beyla dann irgendwann ein.
Trotzdem bleibt sie misstrauisch. So misstrauisch, dass Albert ihr regelmäßig vorwerfen muss, zu kontrollierend zu sein.

Fast schon irrsinnig wirkt es, wie häufig die Telefonproblematik zwischen den beiden angesprochen wird. Doch mit der Zeit wird immer klarer, dass Albert entweder tatsächlich ein starker Eigenbrötler ist oder doch ein Geheimnis mit sich rumschleppt.
Zwischendurch treten immer mal wieder ein paar von Beylas Freundinnen auf. Vor allem eine ist wichtig. Sie ist gerade schwanger geworden und ist nun davon überzeugt, dass ihre Beziehung zu ihrem Freund etwas wichtiges ist. Nach den Treffen mit ihr merkt an, dass Beyla auch nach etwas Wichtigem sucht. Auch wenn sie das vielleicht nicht unbedingt zugegeben möchte. Und ob Albert dabei der Richtige ist?

Letztendlich ist es natürlich ein Geheimnis, das Albert umgibt. Auch wenn es dann doch unspektakulärer ist, als erwartet. Das Ende für die Beziehung bedeutet es trotzdem. Am Ende glaubt Beyla, dass sich Albert umgebracht hat. Da sie sich das allerdings nur vorstellt (und ein dumpfes Geräusch in Alberts Wohnung vernimmt), ist dies nicht gesichert.

Fesseln tut die Geschichte eigentlich nur, weil Albert so mysteriös wirkt. Mal funktioniert die Beziehung daher besser, mal schlechter. Interessanter wird es freilich, wenn sie schlechter funktioniert. Ansonsten sind die Charaktere zwar recht glaubwürdig und gerade die schwangere Freundin kann man sich mit ihrem Dumgeschwätz sehr bildlich vorstellen, aber ansonsten ist die Erzählung nicht sehr weltbewegend. Einzig die Passagen über Beyla und die Beziehung zu ihrem Vater, sind neben der Geschichte um Albert, die ja nun Höhen und Tiefen hat, recht eindrucksvoll.
Durch das offene Ende wird mir dann auch nicht ganz klar, was mir die Geschichte jetzt eigentlich sagen soll und daher bleibt es für mich irgendwie doch nur eine weitere gescheiterte Liebesbeziehung, die in nette Sprache verpackt ist.

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