Der variable Mann
|Das centaurische Imperium ist uralt und sehr morbide. Stündlich rechnet eine Maschine auf Terra die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg aus. Noch nie lag diese Wahrscheinlichkeit zugunsten Terras. In letzter Zeit wurde das Verhältnis immer knapper. Durch eine neue Waffe Terras verändert sich das Verhältnis schlagartig zugunsten Terras. Sofort lässt der Rat, angetrieben von Sicherheitscommissioner Reinhart die Kriegsvorbereitungen beginnen.
Dabei werden alle Ressourcen für den Krieg genutzt. Auch die Zeitkugeln werden zurückgeholt. Durch den rabrupten Auftrag nimmt eine Zeitkugel aus Versehen einen Mann aus dem beginnenden 20. Jahrhundert mit. Diesen kann die Maschine nicht errechnen. Daher kann sie auch keine Wahrscheinlichkeiten mehr ausrechnen. Die Menschheit, die sich fast vollständig von diesen Maschinen abhängig gemacht hat, steht vor einem großen Problem…
Bei dieser Geschichte kann man nicht mehr von einer Kurzgeschichte lesen. Auf 98 Seiten skizziert Dick mal wieder eine düstere Zukunftsvision.
Umgeben von vermeindlichen Feinden, sieht sich die Menschheit gezwungen, sich völlig zu militarisieren. Ständig merkt der Leser, wie mächtig die Sicherheitsbehörden doch sind.
Denn als der Mann aus der Vergangenheit, Cole, versucht zu fliehen, ruft jeder, den er trifft, sofort die Sicherheit.
Alles andersartige wird also sofort registriert. Konformismus ist absolute Pflicht.
Dem schließt sich jedoch nicht der Spitzenwissenschaftler von Terra an. Er arbeitet auch für einen Krieg, schließlich entwickelt er alle Waffen. Doch er möchte sich dabei nicht von Maschinen abhängig machen lassen. Außerdem ist er, wie auch einige Politiker des Rates, durchaus in der Lage, über Alternativen nachzudenken.
Er findet auch schnell heraus, dass er Coles Fingerfertigkeit braucht, um die neue Massenvernichtungswaffe fertigzustellen.
Im Laufe der Erzählung kommt es dann auch zu der ersten, großen, von Dick beschriebenen Raumschlacht. Die läuft für Terra verdammt verheerend. Der Krieg ist nach wenigen Tagen verloren.
Das liegt daran, dass die neue Waffe nicht funktioniert. Es handelt sich nämlich, um einen Gegenstand, der auf Überlichtgeschwindigkeit beschleunigt wird. Da er dabei immer mehr Masse verliert, wird er irgendwann explodieren (oder implodieren?). Die Terraner wollen diesen Gegenstand so auf Überlichtgeschwindigkeit beschleunigen, dass er direkt im Stern des Centaurus-System explodiert.
Cole hingegen erkennt den ursprünglichen Sinn des Antriebes: Nämlich zu funktionieren. Er hat aber keinerliei mechanisches Verständnis, sondern verlässt sich allein auf seine Intuition. Das können die von Maschinen und Wahrscheinlichkeiten bestimmten Terraner schon gar nicht mehr.
Cole entwickelt somit ausversehen, einen Überlichtantrieb, der auch Menschen gefahrlos transportieren kann. Somit kann die Menschheit recht einfach den Verteidiungsgürtel der Centauren durchdringen und hinter deren Imperium weitersiedeln.
Wie schon so oft wird die Zukunft hier zunächst negativ dargetellt. Die bereits erwähnten Sicherheitsbehörden scheuen sich nicht davor, auf der Jagd nach Cole mal eben ein ganzes Gebirge zu vernichten.
Außerdem ist schnell klar, dass Reynold der eigentliche Machthabe ist. Ihn zu entmachten fällt den Wissenschaftlern und Politikern im Laufe der Erzählung deutlich schwer.
Fast schon erschreckend ist, wie realistisch diese „Zukunftsvision“ nach mittlerweile 57 Jahren immer noch erscheint. Das zeigt wieder einmal, was für eine Phantasie Dick doch besessen haben muss.
„Der variable Mann“, 98 Seiten, 1953, von Philip K. Dick, erhältlich bei Zweitausendeins in der Anthologie“Und jenseits…das Wobb“.