Eine Kurzgeschichte aus meinem Deutsch-LK

Im Deutsch-LK haben wir gerade den Text Über das Marionettentehater von Heinrich von Kleist gelesen.

Hausaufgabe war es, sich in einer beliebigen Stilform Gedanken über den Satz „Wir müssen die Reise um die Welt machen und sehen, ob es vielleicht von hinten irgendwo wieder offen ist“ zu machen. Gemeint ist das Paradis, aber das liest man am Besten aus dem Zusammenhang heraus (der Link oben führt übrigens zu dem Text).
Die Kurzgeschichte ist jedoch auch ohne den Text zu verstehen. Allerdings fallen einem dann nicht die drei Zitate aus dem Text auf…

Gedanken

Wir müssen die Reise um die Welt machen und sehen, ob es vielleicht von hinten irgendwo wieder offen ist, erkannte ich. Auf einmal wirkte alles sehr klein. Hatten wir uns zuvor immer nach einem Sinn für das ganze Leben gesehnt, so war es nun etwas anderes. Leben hatte noch immer keinen Sinn, aber eine Aufgabe. Das ist der Punkt, an dem die beiden Enden der ringförmigen Welt in einander greifen, sagte die Stimme in meinem Kopf.
Ich erstaunte immer mehr und wusste nicht, was ich zu so sonderbaren Behauptungen sagen sollte. Langsam wurde mir bewusst, in was für einer Situation ich mich befand. Stimmen in meinem Kopf. Das war nicht ganz normal. Die Gedanken waren es jedoch auch nicht. Einen Weg zu Gott finden. Sollte ich Glück haben, würde ich ihn bald beschritten haben.
Maschinenartig bewegte ich mich vorwärts. Ich hatte keine Angst, wollte keine Angst haben. Es war der Weg zum vollen Bewusstsein. Immerhin hatte ich erkannt, wie jämmerlich meine Existenz doch war. Nicht nur das. Sie war einfach unbedeutend. Ein Leben lang auf der Suche. Die Suche geht immer weiter nach vorn. Aber was ist das für eine Suche, wenn von Anfang an klar ist, dass sie zu keinem Ende führen wird. Das ist jämmerlich.
Die Erkenntnis meiner jämmerlichen Existenz ließ nur eine Schlussfolgerung zu. Und vielleicht, wenn ich Glück hatte, war das die Reise um die Welt. Das Ende der Suche und dadurch auch das Ende des Kreises.
Jetzt war es beinahe so weit. Ein Lufthauch umgab mich. Nun würde ich den Weg zu Ende gehen.
Kurz bevor es so weit war, hielt mich etwas auf. Das ist nicht der richtige Weg, sagte die Stimme in meinem Kopf. Die Schlussfolgerung war falsch. Ich blieb stehen, hielt einen Moment inne. Aus der Ferne hörte ich ein Radio. Ich will dir nur sagen, hallte es in meinem Kopf. Mir war nicht klar, ob es sich um das Radio oder um die Stimme handelte. Ich will, dass du weißt, hallte es, die Suche geht weiter, wenn wir kurz halten, dann nur, um zu sehn, dass der Weg, den wir gehen, schön und doch steil ist, die Suche geht weiter. Ich drehte mich um. Ich glaubte es verstanden zu haben. Ermutigt kehrte ich zurück. Den Weg strebend, mein Leben lang strebend.

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