Längst gescheitert
|Wenige Wochen nachdem ZEIT-Herausgeber Schmidt seinen präferierten Kanzlerkandidaten vorstellen durfte, legt ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo nach. Er führte ein langes Interview mit Ex-Politstar Gutenberg, das demnächst gedruckt erscheint und für das nun Werbung in der ZEIT gemacht wird. Das Buch ist eine kleine Sensation. Denn es gelang allen Beteiligten, das Projekt bis wenige Tage vor der Veröffentlichung geheim zu halten. Das ist im Internet-Zeitalter bereits eine große Leistung. Der Vorabdruck zeigt jedoch, dass Gutenberg nicht nur an der Plagiatsaffäre gescheitert ist. Der CSU-Politiker hat zusätzlich nichts zu sagen.
Natürlich ist das Urteil unfair, wenn man das komplette Interview noch nicht gelesen hat. Allerdings erhält Gutenberg ähnlich viel Platz wie Schmidt und Steinbrück. Während die beiden es dabei geschafft haben, neben Steinbrück möglicher Kandidatur auch noch über die Finanzkrise, China und andere Themen zu reden, beschränkt sich Gutenberg eigentlich auf die Plagiatsaffäre und eine dumpfe, allgemeine Parteienkritik. Es ist jedoch wahrlich nicht schwer, kritische Worte über Parteien zu verlieren – und das nicht nur in Deutschland.
Wenn Gutenberg als Politiker aber überzeugen möchte, muss er mehr tun, als sein Fehler zu relativieren und zu erklären. Er muss zeigen, dass er Pläne, Ideen und Kompetenzen besitzt. Nur damit stellt er unter Beweis, dass er nicht nur die sich auf Titel und Aussehen stützende Luftnummer ist, als die er von seinen Kritikern in seiner zwei-jährigen Amtszeit wirkte.
Dass man kaum inhaltliche Themen für den Ausschnitt gewählt hat, bedeutet entweder, dass dies den Autoren nicht wichtig war (schlimm genug) oder dass das Buch sich eh nur auf die „persönliche“ Seite der Affäre konzentriert. Letzteres dürfte das Buch lesbarer und erfolgreicher, aber auch unbedeutender machen. Im Vergleich zu dem kurz vorher erschienenen, teilweise als Inszenierung kritisierten Interviewausschnitt von Schmidt/Steinbrück hat man bei Gutenberg das Gefühl ausschließlich einer inhaltslosen, gefühlsduseligen Inszenierung beizulesen. Das kann man sich auch sparen.