Die Berge der Trauer (von Lois McMaster Bujold)
„Berge der Trauer“ ist eine 50-seitige Kurzgeschichte, die ein paar Jahre nach Der Kadett einsetzt. Miles hat gerade seine Raumfahrtausbildung beendet. Er möchte eigentlich seine Ferien genießen, doch er lässt eine Frau vom Land zu seinem Vater, Graf Vorkosigan, vor. Die Frau berichtet davon, dass ihr Baby getötet wurde, weil es einen Gendefekt aufweist. Mittlerweile ist das Töten solcher Baby selbst auf dem rückständigen Planeten Barrayar verboten. Miles hat selbst eine Reihe von Behinderungen und wird gerade deswegen von seinem Vater in das Bergdorf geschickt, um Recht zu sprechen und als Beispiel dafür zu dienen, dass Behinderte durchaus ein Leben führen können…
„Berge der Trauer“ ist eine etwa 50-seitige Kurzgeschichte. Im Gegensatz zu den anderen Romanen Bujolds kann man aufgrund des Umfangs recht sicher sein, dass sich die Handlung auf das am Anfang angerissene Thema beschränkt und nicht wie sonst viele Überraschungen aufwartet. Daher ist die Kurzgeschichte auch wie ein kleiner Kriminalroman aufgebaut.
Die Suche nach dem Täter ist in der zukünftigen Welt eigentlich gar nicht so kompliziert. Es existiert nämlich eine Droge, die einen dazu zwingt, die Wahrheit zu verraten. Miles hat jedoch das Problem, dass der Hauptverdächtige zunächst flieht und sich dann nur unter der Bedingung stellt, dass er nicht nach seinen Vermutungen nach dem wahren Täter befragt wird.
Außerdem schlägt Miles – wie erwartet – Hass und Ablehnung entgegen, weil er behindert ist. Ein großer Reiz an Bujolds „Barrayar“-Reihe ist ja auch, dass Barrayar von der Mentalität eigentlich noch in der Feudalzeit festhängt. In dieser Kurzgeschichte wird aber nicht nur dargestellt, wie rückständig das Bergdorf doch ist. Stattdessen versucht Bujold auch etwas Sympathien für die Bewohner aufzubauen. Ihre Denkweise ist simpel und rassistische, dennoch helfen die meisten Miles bei ihrer Suche, weil sie ihn als Gesetzesvollstrecker anerkennen.
Miles wiederum hat ernste Probleme damit, den Fall bis zum Schluss zu klären. Denn er weiß, dass das Urteil auf Kindsmord sofortige Exekution ist. Auch ihm machen die rückschrittlichen Gesetze zu schaffen, da er die Verantwortung zunächst scheut. Der Hauptverdächtige ist natürlich nicht der Täter. Stattdessen gibt Bujold dem Täter einen beinahe verständlichen Beweggrund: Auch ihr wurden bereits viele Kinder „genommen“, also hielt sie es nicht aus, dass ein „behindertes“ Kind weiterleben soll.
Miles wäre nicht Miles, wenn er nicht einen Einfall hätte, wie er das Gesetz der Todesstrafe umgehen kann und trotzdem die Täterin bestrafen kann. Daher wartet die Kurzgeschichte nach der Tätersuche noch mit einer typischen Miles-List auf.
„Berge der Trauer“ ist eine Kurzgeschichte, die zeigt, dass es auch in weiter Zukunft bei fortschrittlicher Technologie noch rückständige Orte und Menschen mit anderen Mentalitäten gibt. Es ist dabei beachtlich, dass Bujold die Taten natürlich in einem negativen Licht darstellt, aber sich auch bemüht die historisch gewachsenen Wertansichten der Bewohner neutral bis leicht sympathisch zu bechreiben.