Die Bewährungsprobe
|Star Trek: Discovery Staffel 3 Episode 5, engl. Titel: „Die Trying“
Nach einem Sprung von etwa 900 Jahren trifft die Discovery auf eine Föderation, die sich nicht mehr mit Warp-Geschwindigkeit bewegen kann. Ein galaxisweites Ereignis hat das meiste Dilithium unbrauchbar und Warp-Kerne damit funktionsunfähig gemacht. Dank ihres Sporenantriebs kann die Discovery weiterhin ohne Einschränkungen reisen. Doch der Empfang im Hauptquartier der Sternenflotte ist kühl: Der Föderation stehen viel zu wenig Ressourcen zur Verfügung, um die immer häufiger werdenden humanitären Krisen zu bewältigen. Es finden sich natürlich auch keine Belege für die Abenteuer der Discovery in den Datenbanken. Und zudem stehen Zeitreisen seit dem Ende des temporalen Kalten Krieges unter hohen Strafen. Es gelingt Commander Burnham Admiral Vance davon zu überzeugen, die Discovery-Besatzung nicht etwa auf die Flotte aufzuteilen, sondern zusammen auf eine Bewährungsprobe zu schicken: Sie sollen die Proben von Pflanzen bergen, die die Ursache für eine tödliche Krankheit unter einem Föderationsvolk ist. Nur mit dem Sporenantrieb können die Proben rechtzeitig erreicht werden, um ein Gegenmittel herzustellen, bevor das gesamte Volk stirbt.
Die Episode beginnt mit einer Reihe wahnwitziger Wendungen. Es erscheint etwas albern, dass die Föderation so hart auf die Rückkehr der Discovery reagiert. Natürlich ist viel geschehen, vieles davon ausgesprochen traumatisch. Doch die Möglichkeit eines Sporenantriebs und damit endlich wieder schnellerer Reisen und Kommunikation müssten die Stimmung doch deutlich heben. In der vorherigen Staffel haben wir die negativen Auswirkungen des Sporenantriebs auf das pflanzliche Netzwerk, das dieser nutzt, kennengelernt. Davon spricht weiterhin niemand. Im Gegenteil: Während man den Antrieb noch vor der Regierung der Erde verborgen hat, geht man gegenüber der derzeitigen Sternenflotte mit der selbst in der Zukunft noch fortgeschrittenen Technik hausieren. Und das obwohl man auch hier kaum etwas über die derzeitige ideologische Haltung der Sternenflotte weiß. Und zuletzt erscheint es doch etwas unwahrscheinlich, dass sich Burnham genau an das biologische Archiv der Sternenflotte im 23. Jahrhundert erinnert, das man im 32. Jahrhundert gerade dringend benötigt. Noch unwahrscheinlicher ist es, dass dieses Archiv tatsächlich existiert. Und gänzlich unglaubwürdig ist, dass es trotz der langsamen Fortbewegungsmethoden noch immer von rotierenden (!) Besatzungen unterhalten wird. Hier hätte man sich mehr Mühe bei der Ausarbeitung des Konflikts der Episode sowie seiner Lösung geben können.
Andererseits ist das Hauptquartier der Sternenflotte sehr schön in Szene gesetzt. Weiterhin gelingt es der Serie sehr gut ein 32. Jahrhundert zu zeigen, das zwar in Sachen Reisemöglichkeiten weit hinter einstige Möglichkeiten gefallen ist, sich technisch aber eben doch weiterentwickelt hat. Alles, was nicht auf Dilithium basiert, funktioniert schließlich weiterhin, solange man die Ressourcen organisieren kann. Auch wird überzeugend dargestellt, dass die Föderation sich ihre Werte doch über die Jahrhunderte bewahren konnte. Dass dabei nebenbei auch noch der nie ganz aufgelöste temporale Kalte Krieg aus „Star Trek: Enterprise“ eingebaut wird, ist ebenfalls gelungen. Und zuletzt wird in dieser Episode noch deutlicher als zuvor, dass eben doch ein Jahrhundert seit dem Burn vergangen ist. Ich muss gestehen, dass ich bei den ersten Episoden noch eine deutlich kürzere Zeitspanne verstanden habe.
Das Abenteuer auf dem Archiv der Föderation ist ebenfalls sehr gelungen. Ein Unglück hat einen Großteil der hier stationierten Familie getötet. Der Vater hat darüber den Verstand verloren und öffnet verzweifelt verschiedene Pflanzenarchive, in der Hoffnung, dabei ein Mittel zu finden, das seine Familie wieder zum Leben erweckt. Natürlich bleibt es ein wilder Gedanke, dass man ein so wichtiges Archiv über 900 Jahre lang im selben Schiff am selben Ort und ohne große Erweiterungen immer nur mit einer kleinen Besatzung unterhält. Das Archiv und das Schicksal seiner Besatzung sind aber atmosphärisch stark und führen zu spannenden Szenen und einem bewegenden Abschied eines Besatzungsmitglieds, das ein unwahrscheinlich großes Opfer für die weitere Unterhaltung des Archivs auf sich nimmt. „Star Trek: Discovery“ versteht es in den bisherigen fünf Episoden der dritten Staffel sehr gut, in jeder Episode einen wichtigen Handlungsschritt nach vorne zu machen, etwas mehr Licht in dieses dunkle 32. Jahrhundert zu bringen und gleichzeitig jede Etappe mit einer kleinteiligen, persönlichen und emotionalen Geschichte zu garnieren.
Georgiou wird separat von allen anderen Besatzungsmitgliedern verhört. Verständlicherweise fragt sich die Föderation bei der einstigen Imperatorin aus dem Spiegeluniversum, ob sie wohl eine dunklere Agenda verfolgt. Das Verhör ist geschickt geschrieben und ein spannendes Gespräch, das sich aber leider in zu viele Andeutungen verliert. Man hätte wenigstens klären können, zu welcher Unterorganisation der Sternenflotte Georgious Gegenüber gehört. Hier wird klar ein Handlungsbogen für die kommende(n) Folge(n) aufgebaut, von dem abhängt, ob das Gespräch weiterhin positiv in Erinnerung bleibt. Gleichzeitig überzeugt der Rest der Besatzung in kurzen Szenen beim Lösen größerer oder kleinere Probleme sowie in den Verhören. „Star Trek: Discovery“ verbindet in „Die Bewährungsprobe“ damit weiterhin bewegende kleine Geschichten, mit der emsigen Erforschung der politischen Situation im 32. Jahrhundert und einer immer überzeugenderen Crew. Das unterhält sehr gut, sorgt für immer bessere Charakterszenen und hält die Spannung auf die nächste Episode hoch.