Die Insel der Kinder (von Pierre Christin & Jean-Claude Mézières / Valérian et Laureline Band 8)

(Die Besprechung beruht auf dem Comic „Les Héros de l’Equinoxe“ im dritten Band der französischen Gesamtausgabe.)

Valérian wird von Galacity als Repräsentant mit Laureline nach Simlane entsandt. Die Bevölkerung des Planeten ist steril, nur alle paar Jahrzehnte dürfen einige Helden auf die Insel der Kinder reisen. In der Regel kehren alle bis auf einen ohne ihre Erinnerungen zurück und im Anschluss reisen Kinder von der Insel, gezeugt von dem zurückgebliebenen Helden. In den vergangenen Wettstreiten wurde jedoch keiner der Teilnehmer als würdig genug ausgewählt. Neben Valérian treten drei weitere Vertreter ihrer Nationen an, die von faschistischer, kommunistischer und spirituellen Ideologien geprägt sind. Laureline erkennt rasch, dass Valérian in dem Wettstreit nur verlieren kann. Entweder fällt die Bevölkerung Simlanes unter die Nachkommen einer der drei Ideologien oder Valérian wird nicht zurückkehren. Doch bevor sie sich über die Lösung dieses Problems Gedanken machen kann, muss Valérian erst einmal die drei Tage langen lebensgefährlichen Herausforderungen auf der Insel der Kinder überstehen.

Wie viele der vorherigen „Valérian et Laureline“-Bände überzeugt auch „Die Insel der Kinder“ auf den ersten Blick mit ihrem grandiosen Setting. Simlane erscheint wie eine Antike Welt, die im Sterben liegt. Das Alter ist überall und die letzten verbliebenen Bewohner wehren sich zudem mit Händen und Füßen gegen außerirdischen Einfluss. Viele sind frustriert, weil ihre eigenen Helden es in den Jahrzehnten zuvor nicht vermocht haben, die Herausforderungen auf der Insel zu bestehen und Kinder für die Welt zu zeugen. Diese mystische Komponente wird von den bilderstarken Orten, den Ruinenstädten wie der wilden Insel der Kinder sehr gut eingefangen und transportiert. Ihnen gelingt es zudem das Interesse an der jeweils nächsten Station der Reise auf dem Planeten einzufangen. Vor allem auf der Insel der Kinder, auf der die vier Helden vier unterschiedliche Routen mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen einschlagen, erschafft jeder Schritt ein weiteres Abenteuer.

Der Richtungsstreit für den Planeten ist genau so interessant. Irmgaal von Kraan kommt aus einer Gesellschaft, die Konflikte mit größtmöglichem Kraft-, also Gewalteinsatz löst. Sein Verhalten sowie seine Vorstellungen einer erfolgreichen Gesellschaftsordnung sind ausgesprochen faschistisch. Ortzog von Bourgnouf verspricht die Fesseln aller Individuen zu sprengen. Gleichzeitig stellt er sich aber eine Gesellschaft vor, in der das Diktum der Arbeit für die Gemeinschaft die Freiheit eines jeden Einzelnen sofort wieder beschneidet. Er verkörpert das Ideal einer stalinistischen Gesellschaft. Blimflim von Malamum predigt Spiritualität und Armut. Doch auch in seiner Vorstellung hat jedes Lebewesen einen vorgegebenen Platz in der Gesellschaft, der seinem (religiösen, aber auch Hippie) Ideal entspricht. Gegenüber diesen „Helden“ sieht Valérian schwach aus. Er schwingt keine großen Reden und er demonstriert seine Stärke auch nicht mit großen Zerstörungsorgien. Dennoch ist er am Ende erfolgreich. Denn die Göttin der Insel wünscht einen Vater für die Kinder der kommenden Generation, der den Weg des Planeten nicht im Vorfeld festlegt. Die liberale Demokratie, deren Ideal Valérian hier darstellt, wirkt im direkten Vergleich mit den anderen Ideologien schwach, unentschlossen und im direkten Wettstreit geradezu bemitleidenswert. Doch die Stärke der Freiheit setzt sich am Ende durch, da sie für die Kinder die bessere Zukunft bereit hält. Diese Allegorie wird im angenehmen und unterhaltsamen Comic-Stil umgesetzt und „Die Insel der Kinder“ hinterfragt damit auch schon frühzeitig (1978) die Rolle von Superhelden.

Wieder einmal ist die eigentliche Heldin nämlich Laureline. Die Regeln des Spiels um die Insel der Kinder stehen fest. Valérian wird entweder Schmerzen bei seiner Niederlage erleiden, möglicherweise sterben, oder im Falle seines Sieges auf ewig auf der Insel bleiben. Damit findet sich Laureline nicht ab und macht sich auf die Suche nach Valérian, nachdem dessen Kinder den Planeten wieder bevölkern. Auch dieser Rettungsversuch ist bilderstark inszeniert und zeigt einmal mehr die Stärken Laurelines. Sie kann es ohne große Schwierigkeiten mit den ausgewählten Helden auf sich nehmen und hat ihnen allen etwas voraus. Denn sie erkennt umgehend, dass der Wettstreit für jeden Einzelnen von ihnen eine Falle ist. Um ihren geliebten Valérian ein ewiges Schicksal auf der Erde zu ersparen, agiert sie, die eigentlich nur als untätige Begleiterin vorgesehen war. Diese Mischung aus Intelligenz und Eigeninitiative rettet zum wiederholten Male die Mission gegenüber Valérian und dessen Befolgen von Befehlen und Anweisungen. Das gibt dem überzeugenden Band einen spannenden, aber auch sehr amüsanten Abschluss.

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