Der Toxx-Minizyklus (Maddrax Bände 400-410)

Nach einigen Jahren der Heftroman-Abstinenz habe ich in diesem Sommer den Wiedereinstieg in die langlebige „Maddrax“-Serie gewagt. Mit Band 400 wechselte die Handlung von der postapokalyptischen Erde auf den Planeten Terminus. Dies ist der Auftakt für einen äußerst langen Zyklus, der 100 Bände und damit vier Jahre umfassen wird. Da dieser lange Zeitraum Leser bei der Stange halten könnte, werden solche Zyklen in kleinere Abschnitte unterteilt. Der erste dieser Minizyklen spielt in der einzigen Stadt von Terminus, der riesigen Siedlung Toxx.

Riesiger Schmelztigel: Die Stadt Toxx

In elf Bänden skizzieren die Autoren der Serie einen faszinierenden Schmelztiegel. Die so genannten Friedenswahrer entführen mithilfe von Wurmlöchern Wesen verschiedener Planeten nach Terminus. Dort ermöglichen sie ihnen mithilfe einer bestimmten Strahlung, miteinander zu kommunizieren. Die Krux: Unter dem Einfluss dieser Strahlung vergisst man seine Herkunft und damit seine kulturellen Wertvorstellungen. Dies ermöglicht ein friedliches Zusammenleben in Toxx – jeder Gewaltausbruch, der trotz der verlorenen Wertunterschiede geschieht, wird von den Friedenswahrern aufs Strengste geahndet. In dieser künstlich befriedeten, von unglaublicher emotionaler Grausamkeit gezeichneten Umgebung bewegen sich Matthew Drax und Aruula auf der Suche nach einer Freundin, die ebenfalls durch das Wurmloch entführt wurde und im stetigen Kampf, ihre Herkunft und ihre Ziele nicht zu vergessen. Während der elf Bände bietet Toxx immer wieder neue, interessante und unterhaltsame Viertel und Charaktere. Die Stadt hätte sicherlich noch Raum für viele weitere Romane geboten.

Die Friedenswahrer – ein mysteriöser Gegenspieler wird entzaubert

Die Friedenswahrer sind zunächst ein durchaus vielversprechender Gegner. Es ist noch unklar, ob sie tatsächlich für 100 Bände die Antagonisten darstellen müssen. Nach den ersten elf Bänden wäre das keine erfreuliche Aussicht. Man erfährt in einem langatmigen Roman, wie die Friedenswahrer mit ihrem Toxx-Experiment begonnen haben. Außerdem stoßen Matt und Aruula auf unterschiedliche Fraktionen innerhalb dieses angeblich so mächtigen Feind, die es ihnen ermöglichen, die verschiedenen Seiten gegeneinander auszuspielen. Nach dem Zyklus bleibt ein merkwürdiges Gefühl zurück: Die Friedenswahrer haben viel von ihrer Faszination verloren, wirken nach der finalen Konfrontation wie ein gewöhnlicher, ja sogar wie ein unorganisierter und schwächlicher Gegner. Obwohl man noch immer weniger über ihre Aktivitäten außerhalb von Terminus weiß, geht das Interesse an ihnen im Verlauf der elf Bände konsequent verloren.

Dafür gelingt es den Autoren, konsequent interessante Protagonisten zu präsentieren. Dies reicht von Religionsführern bis hin zu fahrenden Händlern, die in der Regel eindringlich und überzeugend dargestellt werden. Die Vielfalt von Toxx spiegelt sich in den Charakteren wieder. Dies rettet viele Handlungen des Minizyklus.

Denn die Geschichten selbst sind häufig leider etwas uninspiriert. Zehn Bände lang geht es einzig und allein darum, dass Matt und Aruula den Turm der Friedenswahrer in irgendeiner Art erreichen wollen und dabei ihre Helme, die sie vor dem Vergessen schützen, nicht verlieren dürfen. Das Muster wiederholt sich immer wieder. Obwohl die beiden Gefährten immer wieder auf interessante Ecken von Toxx stoßen und mit skurrilen Herausforderungen konfrontiert werden, scheinen sich die Autoren häufig nicht für diese zu interessieren. Im extremsten Fall wird einem durchaus interessanten Höhlenvolk (das es immerhin auf die Titelseite geschafft hat) gerade einmal ein Unterabschnitt zugestanden. Hier hätte man deutlich mehr herausholen können.

Sowieso interessieren sich Matt und Aruula für nichts anderes als sich selbst. Am Ende verdammen die beiden das Toxx in seiner bekannten Form sogar dem Untergang: auf ihrer Reise trafen sie auf die mächtigen Saven, die die Grundlagen unserer Dimension außer Kraft setzen können. Im Finale des Zyklus zerstören Matt und Aruula die Trennwand, die die Friedenswahrer gegenüber den Saven errichtet haben. Was nun aus Toxx wird, ist unklar. Für die beiden Menschen ist das jedoch keinen großen Gedanken wert: Ob Friedenswahrer (immerhin mit Überlebensgarantie) oder Saven (völlig unklarer Ausgang) macht für sie keinen Unterschied. Dies ist nur der krasseste Fall, in vielen Szenen interessieren sich Matt und Aruula in keiner Weise für die Konsequenzen ihrer Taten. Angesichts der ständig wiederholten Thematisierung von Aruulas Religion und ihren religiösen Überzeugungen wirkt es merkwürdig, dass sie sich hier ausschließlich für sich selbst interessiert und in keiner Weise für die Millionen Lebewesen um sie herum.

Fazit: Faszinierendes Toxx und ungenutzte Chancen

Insgesamt hinterlässt der Minizyklus daher ein gutes Bild mit einigen Schwächen. Das Setting ist sehr gelungen, die Vielfalt Toxx und die damit einhergehende Faszination sind sehr gut dargestellt. Gleichzeitig sind viele Geschichten etwas arg einfach gestrickt. Neben überzeugenden Protagonisten und dem ernsthaften Versuch, sich ein wenig mit Religion und der Instrumentalisierung religiöser Gefühle auseinanderzusetzen, finden sich viele platte und uninspirierte Momente, in denen es den Autoren lediglich darum geht, Aruula und Matt von X nach Y zu bringen. Hier hätte man mehr aus Toxx machen können. Immerhin ist der Minizyklus gut genug, dass man sich für den weiteren Verbleib von Matt und Aruula auf dem nächsten Planeten der Friedenswahrer interessiert: Dieser erste Minizyklus mag also kein Highlight sein, er regt aber dennoch zum Weiterlesen des folgenden Aquus-Zyklus an.

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