When Robot and Crow Saved East St. Louis (von Annalee Newitz)
|„Roboter“ ist eine fliegende Gesundheitsteststation in St. Louis, die mit ihren Klienten interagieren kann. Seine Aufgabe ist es, von Fenster zu Fenster zu fliegen und die Bewohner um eine Speichelprobe zu bitten sowie eine kurze Unterhaltung zu führen, in deren Verlauf die Bewohner Sympathie aufbauen sollen, um auch in Zukunft mit der Gesundheitsbehörde zu kooperieren. Doch die Regierung schließt immer mehr Dienste und bald wird auch der Gesundheitssektor gänzlich privatisiert bzw. wohltätigen Ablegern erfolgreicher Unternehmen überlassen. Da „Roboter“ auf Open Source Codes basiert, wird er nicht in die Firmennetze übernommen. Da er weiterhin eingeschaltet bleibt, verfolgt er seine Mission weiter. Im Verlauf freundet er sich mit den örtlichen Krähen an, lernt dank eines Algorithmus deren Sprache und kann mithilfe der Krähenwahrnehmung und seinem einzigen menschlichen Freund einen gefährlichen Seuchenausbruch in St. Louis verhindern.
Die Roboterperspektive auf das in dieser Kurzgeschichte porträtierte, kollabierende Gesundheitssystem ist rührig. „Roboter“ folgt seiner Programmierung und die schreibt ihm vor, dass das Wohlbefinden der Bevölkerung sein höchstes Ziel ist. Das staatliche Gesundheitssystem ist jedoch zusammengebrochen und alle Leistungen hängen von privaten Spendern oder gar gleich von den Wohltätigkeitssektionen mächtiger Unternehmen ab. „Roboters“ Perspektive spielt daher eine immer kleinere Rolle. Der Leser erlebt dadurch einen starken Kontrast zwischen den Zielen, die ein Gesundheitssystem verfolgen sollte und einer Realität, die diese Ziele kaum mehr im Auge hat. „Roboters“ Perspektive wirkt dabei nicht einmal naiv, schließlich besteht seine Funktikon ja tatsächlich darin für das Wohlbefinden seiner Klienten zu sorgen. Er testet sie nicht nur auf Krankheiten, sondern er führt mit ihnen auch Unterhaltungen durch die sie sich etwas besser fühlen. Diese Heiterkeit in einem Zeitalter der Einsparungen ist gleichsam unterhaltsam und nachdenklich.
Als seine Behörde die Arbeit einstellt und er aufgrund seiner Inkompatibilität mit Konzern- und Profitinteressen zurückbleibt, rät einer der menschlichen Mitarbeiter „Roboter“ das zu tun, worauf er Lust hat. Natürlich hat das auch etwas mit Gesundheit zu tun. Da „Roboter“ aber einen Algorhythmus zum Sprachenlernen erhalten hat, nutzt er diesen, um sich mit Krähen zu verständigen. Denn schon lange fragte er sich, ob es nicht auch hier Krankheiten gibt, die es zu bekämpfen gilt. Hier beginnt der phantastische Teil der Kurzgeschichte. Denn die Krähen kommunizieren tatsächlich miteinander und sind in der Lage Krankheiten zu erspüren. Die Unterhaltungen zwischen Krähen und „Roboter“ sind grandios. Aufgrund seiner Offenheit und seiner Programmierung, auf Gesprächspartner einzugehen, kann sich „Roboter“ rasch in die fremdartige Denkweise der Krähen eindenken und seine Antworten daran anpassen. Im Laufe der Geschichte weitet sich das Gespräch mit den Krähen aufgrund eines Seuchenherdes, den diese entdecken, zu einem Dreiergespräch aus. In diesem übersetzt „Roboter“ zwischen Krähen und einem jungen Menschen, mit dem er sich angefreundet hat. Dies führt zu einem befriedigenden Ende dieser warmherzigen Kurzgeschichte, die mit einem Roboter die Bedeutung eines „menschlichen“ Gesundheitssystems aufzeigt. Denn „Roboter“ gelingt es durch Zuhören, dem Wunsch, Leid zu verhindern, und der Flexibilität sich auf neue Situationen anzupassen, eine Seuche in St. Louis zu verändern. Genau das sind eigentlich menschliche Stärken, die aber durch Einsparungen und Rationalisierung dem Gesundheitssystem oft genommen werden. Diese überzeugende Allegorie in unterhaltsamer Form machen „When Robot and Crow Saved East St. Louis“ zu einer sehr gelungen Kurzgeschichte.
Die Kurzgeschichte „When Robot and Crow Saved East St. Louis“ von Annalee Newitz ist 2018 in der Reie future tense auf slate.com erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2019“, herausgegeben von Carmen Maria Machado und John Joseph Adam.