Gedankensplitter 49/2015
Syrien-Einsatz: In dieser Woche beschloss der Bundestag die Entsendung deutscher Flugzeuge in den Luftkampf gegen den IS. Die Entscheidung wurde kontrovers diskutiert, unter anderem hinsichtlich der Legitimität der Aktion angesichts möglicher ziviler Opfer, hinsichtlich ihrer Effektivität aber auch hinsichtlich der Ausstattung der Bundeswehr. Anfang der Woche prangt auf Spiegel Online für eine Weile jedoch auch die Warnung, das Engagement sei bedenklich, da sich dadurch die Terrorgefahr in Deutschland erhöhe. Während die anderen genannten Aspekte durchaus gewichtig sind, erscheint dieses in meinen Augen sehr schwach: Bloß weil Deutschland in der Tat glücklicherweise noch nicht im Fokus von Fanatikern steht, entzieht dies Deutschland nicht der Verantwortung, Fanatikern, die das Leben von Menschen im Nahen Osten wie auch in Europa terrorisieren, mit militärischen oder zivilen Mitteln das Handwerk zu legen.
Unterschiedliche Blickwinkel – Lobbyisten: Der Bundestag veröffentlichte in der vergangenen Woche eine Liste mit den Verbänden und Organisationen, die von Bundestagsfraktionen einen Hausausweis für das deutsche Parlament erhalten haben. Die FAZ erkannte, dass der „Staat der größte Lobbyist“ sei, da Staatsunternehmen wie zum Beispiel die KfW oder die Gesetzliche Krankenversicherung in absoluten Zahlen die meisten Hausausweise erhielten. Spiegel Online erzählte eine andere Geschichte: Die „Union schleust die meisten Menschen ins Parlament“. Die CDU hat zuvor auch versucht, die Veröffentlichung der Liste zu verhindern. Kein Wunder: Sie stellt doppelt so viele Hausausweise aus, wie die anderen Parteien zusammen. Auch das sind absolute Zahlen. Aber: Der Spiegel-Artikel bezieht alle Ausweise in seine Analyse ein, die FAZ Auflistung der 13 größten Ausweishalter bezieht gerade einmal 159 der 1111 Ausweise, die in dieser Legislaturperiode herausgegeben wurden ein. Über die 952 anderen Hausausweise, die womöglich von kleineren Unternehmen und Verbänden mit deutlich wirtschafts-naheren Interessen gehalten werden, wissen wir dadurch noch nichts.
Unterschiedliche Blickwinkel – Politisches Handeln und die Flüchtlingskrise: Während die CDU angesichts der vielen zugezogenen Flüchtlinge fordert, arbeitsrechtliche Errungenschaften wie zum Beispiel den Mindestlohn wieder zu lockern, um das Niedriglohnsegment auf dem Arbeitsmarkt noch weiter auszubauen, plädieren die SPD-Ministerinnen in der Bundesregierung dafür, mit mehr Investitionen in Jobprogramme, Sprachkurse und andere Bildungsmaßnahmen die Integration von Zugezogenen von Beginn an konstruktiv zu begleiten. Der Wochenbeitrag zu der These, die Unterscheidungen zwischen CDU und SPD Positionen seien lediglich marginal.
Keine Lügenpresse sein: Die FAZ wirbt seit Jahren mit dem Spruch „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ und dem Motiv eines/r Prominenten, die hinter der Tageszeitung versteckt ist. Nun wirbt die BILD-Zeitung in der FAZ mit dem Spruch: „Auch klugen Köpfen widersprechen. Das bringt nur BILD (der Zeitungstitel ist in altdeutscher Schrift gehalten). Hier scheint die Zeitung, die sich gerade einmal als ständiger Wendehals in ihrem Flüchtlingston entpuppt, für den Fall absichern, dass sich die rechtspopulistische Stimmung im Lande doch dauerhaft durchsetzt: Dann hat man doch von Anfang an behauptet, der „Lügenpresse“ auch mal zu widersprechen. Das ist ein billiges Zeichen in Zeiten massiver Vertrauensverluste für den Journalismus.