Geschichte des politischen Denkens Band 1/1: Die Griechen – von Homer bis Sokrates (von Henning Ottmann)
|Die (westliche) Geschichte des politischen Denkens hat Henning Ottmann, Professor in München, in neun (Teil)Bänden festgehalten. Das quantitativ beeindruckende Projekt hat elf Jahre verschlungen, mittlerweile ist die Gesamtausgabe zu einem relativ günstigen Preis verfügbar.
Der erste Teilband beginnt mit einer Darstellung der Entdeckung der Politik bei den Griechen und endet mit Sokrates. Nach Ottmann haben die Griechen nicht nur das Wort „Politik“ erfunden. In einer weiten Definition existiert Politik „wann immer Menschen von Menschen regiert“ (12) wurden. Die Griechen aber haben sie begründet, da „erst bei ihnen das Handeln-Können und die Verantwortlichkeit, die Wahlfreiheit und das Subjekt entdeckt worden sind“ (13). War der ägyptische Pharao also selbst ein Gott, so sind die griechischen Herrscher „bloß“ Menschen – und so ist es zum Beispiel auch möglich gegen sie zu handeln.
Das Werk ist keine Übersicht politischer Theorien und das merkt man bereits in den ersten Kapiteln. Ortmann zieht mit viel Freude Schriftsteller als Zeugen politischen Denkens heran. Auf diese Weise wird nicht nur Homers Odyssee nach politischen Gesichtspunkten seziert, zahlreiche weitere, weniger bekannte Schriftsteller finden Beachtung. Letztlich überwiegen die Dichter und Dramatiker in diesem ersten Band gegenüber den Philosophen deutlich – die Philosophie entwickelte sich schließlich erst nach den Dichtern.
Das macht den Einstieg in das Werk angenehm. So ist zum Beispiel über den Autor des ersten philosophischen Satzes (Anaximander, 160) nicht viel mehr bekannt, was einen kurzen Teilabschnitt zur Folge hat. In diesem ersten Teilband erfährt man auf diese Art viel über viele verschiedene Denker. Erst im zweiten Teilband werden die jeweils hundertseitigen Interpretationen Platons und Aristoteles folgen.
Kernstück sind daher, die Analysen der spartanischen und der athenischen Verfassung. Sowohl die Demokratie Athens als auch die militärische Verfassung Spartas sind aus dem Schulunterricht bekannt, die ausführliche Darstellung Ottmanns fügt diesem Wissen dennoch Neues hinzu.
Ottmann bemüht sich dabei um eine möglichst verständliche, manchmal gar lockere Sprache. Nichtsdestotrotz erwartet er, dass der Leser mit unbekannten Namen umgehen kann. Häufig wird Nietzsches spätere Werkinterpretation skizziert. Immer wieder werden Dichter und Frühphilosophen als sophistisch dargestellt, obwohl das betreffende Kapitel das vorletzte des Teilbandes bildet. Komplizierte Sätze finden sich hier neben äußerst plastischen Darstellungen politischen Denkens („Auf den Ruhm der Helden, auf das, worauf bei Homer noch alles ankommt, hat Archilochos gepfiffen“, 58).
Von Homer bis Sokrates – zwischen diese beiden bekannten Griechen finden sich viele zumeist vergessene Antike Dichter und Denker, die mit anderen die Basis des westlichen politischen Denkens geschaffen haben. In diesem Teilband stellt Henning Ottmann ihr Werk – auf den ersten Blick – ausführlich, unterhaltsam mit einem Fokus nicht nur auf ihr politisches Denken, sondern auch auf ihr Wirken auf Mitmenschen, dar.