In Feindes Hand (von David Weber)
|Honor Harrington kehrt nach den Ereignissen aus dem letzten Band nach Greyson auf ihr Gut zurück. Doch die Ruhepause währt nicht lange, der Krieg des manticorianischen Sternenreiches mit der Voksrepublik Haven tobt noch immer. Daher wird Honor rasch wieder einem Geschwader zugewiesen. Diesmal jedoch hat sie kein Glück: Trotz taktischer Meisterleistungen wird sie von den Haveniten gefangen genommen. Vor allem die wahnsinnige Propagandaoffizierin der Volksrepublik möchte Honor hingerichtet sehen.
Dass dieser Roman mindestens so spannend ist wie seine Vorgänger, ist ein Wunder. Denn die oben skizzierte Situation wird nicht nur auf dem Buchrücken zusammengefasst, sondern tritt erst nach etwa 400 der 750 Seiten ein. Sprich: Man weiß längst was geschehen wird und dennoch ist der Roman äußerst spannend – eine kleine Meisterleistung.
Dabei scheint Weber eigentlich alles falsch zu machen. Viele Ereignisse werden nämlich gleich doppelt erzählt: Aus manticorianischer und aus havenitischer Sicht. Das geschieht aber nicht nur in der gewohnten Detail- und Handlungsfülle, sondern auch mit einem hohen Tempo. Während Weber auf der galaktischen Karte für Veränderungen sorgt, verliert er nie seine Hauptcharaktere aus dem Blick. Sie wirken den ganzen Roman über äußerst glaubwürdig.
Die einzige Ausnahme ist ein Moment am Anfang, in dem Honor merkt, dass sich ein verheirateter Admiral zu ihr hingezogen fühlt und sie ähnlich empfindet. Aus diesem Grund flüchtet sie früher zu ihrem Geschwader als eigentlich nötig, weshalb sich der Admiral am Ende natürlich Vorwürfe über ihr Verschwinden macht. Dies ist wohl nötig, um einige Emotionen hervorzurufen. Im Gegensatz zu vielen anderen, durchaus emotionalen Momenten, wirkt dieser Abschied jedoch hölzern.
Das manticorianische Sternenreich ist dabei weiterhin der Stern am Himmel des Krieges. Dem Leser ist bekannt, dass die Manticorianer den Krieg weder gewünscht noch gestartet haben. Deswegen erscheinen ihre aggressiven Eroberungen auf havenitischem Territorium nicht verwerflich. In diesem Roman gelingt es Weber aber endgültig sich von einer schwarz-weiß Zeichnung zu lösen. Denn dem machthungrigen Lenkungskommitee der Haveniten stellt er einige pflichtbewusste Offiziere gegenüber, die mit der derzeitigen Linie der Volksrepublik alles andere als zufrieden sind. Sie mussten erst unter den Gesinnungskommissaren an Bord aller Schiffe leiden, die viele taktische Vorteile aus ideologischen Gründen aus der Hand gaben. In diesem Roman müssen sie stark darunter leiden, wie die politische Führung der Volksrepublik mit ihren Kriegsgefangenen umgeht.
Unter dieser grausamen Behandlung leidet vor allem Honor, die der Volksrepublik freilich einige Niederlagen eingebracht hat. Gleichzeitig bietet ihre Gefangennahme allerdings auch die Bühne für einen enorm spektakulären Ausbruch aus einem Gefängnis. Diese über mehrere hundert Seiten erzählte Flucht nicht nur aus einem Schiffsgefängnis, sondern auch von dem Schiff selbst, liest sich in einem Fluss.
„In Feindes Hand“ reiht sich somit, zusammen mit seinen überzeugenden Charakteren, seiner Spannung und seiner weiterhin einfachen Darstellung einer mittlerweile äußerst komplexen politischen Situation an das hohe Niveau der Vorgängerbände ein und sorgt trotz der äußerst positiven Darstellung des Militärs für ausnahmelos gute Unterhaltung.