Dans Les Griffes De La Vipère (Spirou und Fantasio Band 53)
|Die Zeitung „Spirou“ wird von einem Gericht zu einer Strafzahlung von einer Million Euro verurteilt. Die Verwandlung Spirous in dem letzten Abenteuer hat zu viele Kinder traumatisiert. Das Magazin kann diese Summer nicht aufbringen und muss sich daher einem fremden Investor öffnen. Über den alten Comic-Held Gil Coeur-Vaillant finden Spirou und Fantasio schnell die Viper-Cooperation als neuen Investor. Die Verträge sind rasch unterschrieben. Doch dann stellt sich heraus, dass Spirou damit als Sklave auf der Insel des Viper-Chefes gehalten werden kann. Wenn Spirou sich nicht für den Rest seines Lebens allein in einer überdimensionierten Villa langweilen möchte, muss er schnellstens von der Insel fliehen. Die Viper kann aufgrund des rechtsicheren Vertrages und seiner Kapitalmacht allerdings alle Geheimdienste und Polizeien der Welt auf Spirou hetzen…
Der 53. Band der Serie, der übersetzt vermutlich den Titel „In den Händen der Viper“ (wörtlich.: „Im Griff der Viper“) tragen wird, startet äußerst stark. Obwohl die Geschichte mit einer ruhigen Szene beginnt, in der ein weiblicher Fan Spirou bittet, in seiner Zeitung ein Praktikum machen zu können, nimmt die Handlung rasch Fahrt auf. Denn bereits auf der zweiten Seite beginnt das Gerichtsverfahren gegen die Zeitung. Mithilfe juristischer Tricks und eines unfähigen Anwalts auf der Seite der Zeitung ist die Verurteilung geradezu vorprogrammiert. Die Rettung in Form der Viper-Kooperation taucht etwas plötzlich auf. Zumal der Name der Firma bereits nichts Gutes verspricht. Daher ist man nicht sehr überrascht, dass Spirou bei Betreten der Insel des Bosses der Firma ein Dunkles Geheimnis entdeckt.
Der Boss tritt in Form eines typischen „James Bond“-Bösewichts auf. Er besitzt selbstverständlich seine eigene Insel, auf der er alles gekauft und privatisiert hat und deren Bewohner er tyrannisiert. Außerdem verfügt er über geradezu unendliche finanzielle Ressourcen und hat ein äußerst merkwürdiges Hobby. Er sammelt Comic-Helden, die in dieser Serie natürlich alle auch in der Realität existieren, bedrängt sie mit Anwälten und trickst sie dann so aus, dass sie selbst einen Vertrag, der sie zu seinen Sklaven macht, unterschreiben. Das ist nun auch Spirou passiert. Dieser Anfang nimmt mit deutlicher Schärfe westliche Justiz-Systeme, die (wie vermutlich die Justiz überall auf der Welt) sich immer mehr hinter ihren Regeln verstecken und dabei ihre eigentliche Aufgabe, für Gerechtigkeit zu sorgen, aus den Augen verlieren.
Gleichzeitig nimmt sich der Comic aber auch viel Zeit, um auf die kapitalistischen Auswüchse der Viper-Cooperation einzugehen. Spirou erlebt seitenlang das Leid der Bewohner. Die Polizei greift bei Prügeleien nicht ein, aufgrund der Privatisierungen wird sie erst nach der Zahlung einer Gebühr aktiv. Sie empfiehlt Spirou zudem noch sich nicht verletzen zu lassen, da das Gesundheitssystem ebenfalls privatisiert und extrem teuer sei. Die eigentlichen Bewohner der Insel können es sich lediglich leisten, im Schlot eines noch immer aktiven Vulkans zu leben – immerhin müssen sie sich dann um die Heizung keine Gedanken mehr machen. Dort liegen auch viele Fischer mit ihren Booten, da sie sich die Hafengebühren, die die Viper-Cooperation erhebt, nicht leisten können. Diese Auswüchse sind sehr beklemmend, da sie erschreckend real wirken. Auch in der Realität drängen schließlich westliche Firmen in Entwicklungsländern auf Privatisierungen oder spekulieren auf Lebensmittelpreise.
Leider baut der Band mit Spirous Flucht von der Insel sehr ab. Sicherlich ist es witzig, wenn Spirou von der CIA durch einen südamerikanischen Inselstaat verfolgt wird und die CIA letztlich einen Militär auf seiner Geburtstagsfeier sehr verärgert. Doch die Flucht Spirous zieht sich insgesamt zu lange hin. Erst wird er von der CIA, dann aufgrund eines Tricks der Viper von den Lesern seines eigenen Journals und zuletzt von den Bewohnern seiner Heimatstadt verfolgt. Der interessanteste Aspekt an dieser Handlung ist, dass sie zeigt, dass man mit den richtigen finanziellen Mitteln jeden verfolgen lassen kann. Auch dies ist ein erschreckend realer Aspekt einer Serie, die sonst auch gerne mal Abenteuer auf dem Mond erzählt.
Der Abschluss ist zwar inhaltlich gut, aber wirkt doch zu konstruiert. Alles scheint verloren, Spirou ergibt sich, um seine Freunde zu schützen, denen nun teure Verfahren drohen. Doch just in diesem Moment sinken die Aktien der Viper-Cooperation ins Bodenlose. Der Raubtierkapitalismus frisst seine Kinder: Die Viper ist sozusagen pleite, nicht mehr Mehrheitsaktionär und vor allem nicht mehr Boss im eigenen Unternehmen. Mit einem Trick werden die Verträge, die Spirous Sklaverei besiegelten zerstört und alles ist gut. Auch dieser Aspekt wirkt wieder erschreckend real, schließlich können an der Börse leicht Milliardenwerte in kürzester Zeit vernichtet werden. Hier wirkt der Abschluss nach langen Verfolgungsjagden jedoch konstruiert und wenig überzeugend.
„Dans Les Griffes De La Vipère“ ist ein „Spirou und Fantasie“-Band, der einige interessante Themen und einen wirklich guten und spannenden Start bietet. Leider verliert sich die Handlung in zu langen Verfolgungsszenen und die Kapitalismuskritik wird immer wieder aufgewärmt, ohne durch wirklich neue Elemente ergänzt zu werden. Zusammen mit dem inhaltlich guten, dramaturgisch aber schwachen Finale bleibt ein ordentlicher Band mit interessanten Themen zurück, der weit hinter seinem Potential bleibt.