Jugend begeistern, Legislaturperioden verkürzen?
|Jahrelang wurden die Vorteile der fünf-jährigen Legislaturperiode von vielen Politikern betont. England, Frankreich und alle Bundesländer mit Ausnahme der Stadtstaaten Bremen und Hamburg haben sich für diesen Zeitraum der politischen Gestaltung entschieden. In Bremen verstehen sogar die Grünen unter der Förderung von Basidemokratie, die Legislaturperiode um ein Jahr zu verlängern. Weniger Wahlen führen zu größerer Zufriedenheit bei der wahlmüden Bevölkerung. Denn die muss weniger wählen gehen, während die Politiker gleich ein Jahr mehr Zeit haben, um für Ergebnisse zu sorgen. Klasse.
Nachdem die direkteste Art der Politikkontrolle durch den Wähler nunmehr in fast ganz Deutschland auf fünf Jahre gestreckt wurde, versuchte zuletzt Bundespräsident Lammert wiederholt die fünfjährige Legislaturperiode auch im Bund der Bevölkerung schmackhaft zu machen. Dabei ist das „Handlungsfähigkeit“-Argument Augenwischerei. Eine mutige Politik bekommt Reformen auch in drei Jahren (Agenda 2010 von 2002-2005) durchgesetzt. Ob das richtig ist, darüber lässt sich streiten. Machbar ist es auf jeden Fall.
Daher ist es sehr schön, dass aus der CDU erstmalig andere Argumente zu hören sind. Dr. Ole Schröder, Bundestagsabgeordneter aus dem Kreis Pinneberg und parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, schlug am Sonntag auf einer CDU-Veranstaltung in Wedel vor die Legislaturperiode bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein von fünf auf vier Jahre zu verkürzen. Als Argument nannte er Jugendliche, die sich für fünf Jahre nur schwer für ein politisches Amt motivieren ließen.
Ein wichtiges Argument: Die Kommunalpolitik ist sozusagen die Basis für spätere Politikkarrieren. Hier werden die ersten Erfahrungen gesammelt. Ab 18 Jahren ist man meist wählbar. Wenn man sich dann jedoch für fünf Jahre verpflichtet schränkt man sich in seiner Mobilität unglaublich ein. Lediglich Auszubildende mit einem Übernahmegarantie und der Sicherheit, nicht den Ort für die Arbeit wechseln zu müssen sowie Abiturienten, die wissen, dass sie von zu Hause aus studieren können, haben so die Möglichkeit im Rat mitzumischen. Ansonsten setzt man sich innerparteilich rasch dem Vorwurf auf, sie mit leeren Versprechungen (da man nicht die ganze Legislatur anwesend sein kann) getäuscht zu haben.
Vier Jahre sind für Jugendliche noch immer eine lange Zeit, der Erfolg der vorgeschlagenen Maßnahme ist also zweifelhaft. Andererseits ist es immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Übrigens werden auf der kommunalen Ebene in der Regel viele wichtige Entscheidungen unbemerkt getroffen. Die Berichterstattung darüber findet nur in den immer weniger werdenden lokalen Tageszeitungen statt, die lediglich von einem Bruchteil der Bevölkerung gelesen werden. Da wäre es gut und richtig, wenn sich die Lokalpolitiker dem Bürger häufiger in Wahlkämpfen rechtfertigen müssten.
Noch eine Schlussbemerkung: Das Repräsentantenhaus in Australien (3 Jahre) wie auch das amerikanische Repräsentantenhaus (2 Jahre) haben deutlich kürzere Legislaturperioden als die Bundesrepublik. Natürlich ist das amerikanische politische System ganz anders, die repräsentative Monarchie Australien mit einem starken Premierminister lässt sich mit unserer Kanzlerdemokratie hingegen gut vergleichen. In beiden Fällen sorgen die kurzen Legislaturperioden dafür, dass die Politiker sehr daran interessiert sind, in der kurzen Zeit, die ihnen zur Verfügung steht, ihre Projekte durchzusetzen und langfristig zu verankern. Das wäre eine angenehme Alternative zum schwarz-gelben Stillstand und zu der Methode, bei einem Regierungswechsel in einem Bundesland erst einmal alle Vorgängerentscheidungen zurückzunehmen. Kürzere Legislaturperioden könnten also nicht nur den Demokratiegrad und die Jugendbeteiligung erhöhen, sie würden die Handlungsfähigkeit des Systems eventuel sogar erhöhen.