Chicken Highway (ARD-Radiotatort)
|Der Tierarzt Jens Thomae wird tot aufgefunden. Schnell führt die Spur an den „Chicken Highway“, die A31, an der viele Hühner-Mastbetriebe liegen. Thomae hat lange Gutachten verfasst, die zum Beispiel den Einsatz von Käfighaltung gut hießen. Stand er deswegen im Visier militanter Tierschützer? Kurz vor seinem Tod hat er jedoch ein Gutachten begonnen, das eine 180-Grad Wende darstellt. Plötzlich sprach er von heftiger Tierquälung. Kann es daher sein, dass seine früheren Auftraggeber ihn aus dem Weg schaffen wollten. Die zweite Spur erhärtet sich, als sich herausstellt, dass Thomae illegal Antibiothika für Mastbetriebe besorgt hat.
Der Fall, in dem Bettina Breuer ermittelt, wirft ein hochsensibles Thema auf. Die Geflügelproduktion in Deutschland ist dreckig und dennoch ist es das wohl meistkonsumierte (weil billige!) Fleisch in Deutschland. Dem Endprodukt erkennt man schließlich nicht an, was ihm auf dem Weg zum Teller passiert ist. Somit haben die radikalen Tierschützer bereits nach den ersten Schilderungen der Zustände in den Geflügelfabriken die Sympathien der Zuhörer wie auch der Kommissarin. Das ist eigentlich schade, denn damit ist eigentlich bereits klar, aus welcher Richtung der Täter kommt. Denn auch wenn die meisten Radiotatorte durchaus intelligent sind, der erste Verdächtige ist nur im seltensten Fall der wahre Schuldige. Insofern überrascht es dann am Ende auch nicht, dass der Dezember-Fall die Hühnchen-Produzenten lediglich moralisch schuldig spricht, die wahren Schuldigen aber im anderen Lager zu finden sind. Wirklich spannend wird der Radiotatort daher wieder einmal nicht.
Dieses Manko gleicht er immerhin mit einer guten Atmosphäre und Authentizität aus. Lediglich die Tierschützer wirken ein wenig überzeichnet. Alle anderen Rollen, allen voran die von der Geflügellobby geschmierte Landtagsabgeordnete mit deprimierendem persönlichen Schicksal, wissen hingegen durchaus zu begeistern. Hier ist auch Jac Garthmanns Rolle als verdeckter Ermittler wieder einmal sehr überzeugend. Auf geradezu wiederlich schmierige Weise dringt er in das Herz der Landtagsabgeordneten vor und kann am Ende als versoffener Penner sogar die Tierschützer überführen. Beides wirkt glaubwürdig. Einzig, dass er sich für den Fall motivieren lässt, weil seine Tante an einer, vermutlich auf ein Hühnchen zurückzuführenden Lebensmittelvergiftung gestorben ist, wirkt ein wenig überzeichnet. Auch Breuers Abneigung gegenüber Industriefleisch nach dem Fall sowie ihr verstärkter Heuschnupfen in der Nähe der Mastbetriebe sind eine gelungene Idee.
Insgesamt ist „Chicken Highway“ kein besonders spannender Radiotatort. Dafür weist er auf ein bedeutendes Thema hin und zeigt, dass dieses lediglich dadurch gelöst werden kann, dass die Verbraucher sich bei ihrer Kaufentscheidung über den Hintergrund billigen Fleisches bewusst sind. Außerdem überzeugt die aufgebaute Atmosphäre des Falles.
„Chicken Highway“ ist noch bis zum 14. Januar auf der Homepage der Serie herunterladbar.