Stonemania

In den vergangenen sieben Tagen durften sich Zeitungsleser in Deutschland über einen Steinbrück-Overkill freuen. Sonntag Jauch, Montag Spiegel- und Donnerstag Zeit-Cover. Dazu kamen noch Kommentare und Berichte in vielen anderen Zeitschriten und Zeitungen. Die Stimmung scheint sich jedoch gegen Steinbrück zu entwickeln. Während die meisten Medien die letzten 12 Monate damit beschäftigt waren, Steinbrück als Kandidaten zu hypen, mehren sich nun die kritischen Stimmen.

Es sei ein Fehler gewesen, sich von Helmut Schmidt protegieren zu lassen. Steinbrück käme zu forsch daher, er müsse die Sache subtiler angehen. Und die Welt sieht in nun auch fachlich hinter Frank-Walter Steinmeier. Der habe immerhin gezeigt, dass er zu Kompromissen bereit sei. Vermehrt wird auch wieder darauf verwiesen, dass Steinbrück noch keine einzige Wahl gewonnen hat. Dabei blieb Steinbrück in dieser Woche gar nichts anderes übrig, als so häufig aufzutreten. Eigentlich hätte jeder Vorhersehen können, dass das in dieser Woche passiert. Denn das Buch von Schmidt und Steinbrück ist bereits seit einem halben Jahr angekündigt. Schon lange endeten viele Artikel über Steinbrück mit dem Verweis darauf, dass im Herbst dieses Buch erscheint.

Viele Interviews und Talkshows werden seit langem dafür genutzt, Bücher zu promoten. Auch Vorabdrücke, wie es in der Zeit geschehen ist, sind keine Seltenheit. Jetzt überrascht zu tun, ist heuchlerisch. Viel eher hätte man bereits diskutieren können, ob es klug ist, ein Buch zusammen mit dem Alt-Kanzler Schmidt zu schreiben. Das ist nicht geschehen.

Die Inhalte des Buches scheinen zudem völlig nebensächlich. Die Presse stürzt sich lediglich auf das falsch gestellte Schachbild auf dem Cover des Buches und auf Schmidts Aussage, er halte Steinbrück für einen fähigen Kanzler. Der Vorabdruck in der ZEIT macht deutlich, das Steinbrück noch immer auf das Wort vom Parteichef warten möchte. Das ist weitaus mehr als Frank-Walter Steinmeier getan hat. Der hat sich zwar im Vorfeld das OK von Kurt Beck geholt, sich dann aber nicht mehr an Absprachen gehalten. Das führte zu einem äußerst entwürdigenden Rücktritt, was Steinbrück offensichtlich noch im Hinterkopf hat.

Den Medien fällt das jedoch nicht auf. Im oben verlinkten Welt-Artikel wird viel mehr Steinmeier als der seriösere, geduldigere und ehrlichere Politiker konstruiert. Dabei machen die Ereignisse aus dem Jahr 2008 deutlich, dass Steinmeier keineswegs weniger ungeduldig und herrisch auftritt, wenn es um die Macht geht.

Zuletzt bleibt also nur die Frage, ob es notwendig war, dass Steinbrück jetzt mit Schmidt ein Buch geschrieben hat, das für viel Medienpräsenz der beiden sorgt. Aus Steinbrücks Sicht muss es notwendig sein. Im Gegensatz zu Gabriel (Parteichef) und Steinmeier (Fraktionschef) hat er keine „natürliche“ Aufmerksamkeit. Er hat nicht einmal eine eindeutige, offensichtliche Hausmacht im Sinne eines Landesverbandes hinter ihm. Aus Nordrhein-Westfahlen hört man zumindest wenig über ihn. Dennoch braucht er Medienauftritte, die er regelmäßig inszenieren muss. Jetzt sieht es natürlich so aus, als hänge er von Schmidt ab, um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen. Aber in zwei Jahren wird das bereits vergessen sein. Dann bleibt nur die Botschaft: Schmidt hat ihn unterstützt.

Die Inszenierung in dieser Woche war also für Steinbrück nötig und logisch. Die Medien haben das bereitwillig mitgemacht und mal wieder gezeigt, dass es ihnen nur um eine Frage geht. Inhalte müssen dahinter zurückstehen. Für Steinbrück dürfte sich das langfristig auszahlen – solange sich der Wind der Medien sich jetzt nicht ständig dreht.

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