Atemschaukel (von Herta Müller)
|Das kommt ihm zunächst beinahe gelegen, denn er muss als homosexueller ein Leben im Geheimen leben. Daher geht er gerade zu heiter seinem Lagerleben entgegen.
Die fünf folgenden Jahre sind jedoch unglaublich hart.
Die Kapitel des Buches sind sehr kurz gehalten. Jedes einzelne zeichnet ein Bild des Lageralltags. Das reicht vom „Meldekraut“ über „Von den Langweilen“ bis zu „Vom Lagerglück“. Dabei umgibt Auberg, der mit gerade einmal 17 Jahren verhaftet wurde, ständig der Tod. Lediglich die Worte „Ich weiß, Du kommst wieder“ seiner Großmutter erinnern ihn an zuhause.
Der Roman versucht nicht Spannung aufzubauen. Von vornherein erzählt der Ich-Erzähler, dass die Lagerzeit fünf Jahre dauert und dass er die Lagerzeit lebendig übersteht. Stattdessen werden – wie schon erwähnt – pro Kapitel Bilder und kleine Geschichten erzählt, die meist die Probleme des Lagerleben aufzeigen.
Merkwürdigerweise wird die Lektüre mit der Zeit immer erträglicher. Je mehr sich Auberg im Lager eingerichtet hat, normale Abläufe pflegt desto „normaler“ erscheinen die Beschreibungen. Natürlich sind Hunger und Tod auch dann noch allgegenwärtig. Aber dadurch dass Auberg dies als Noramlität empfindet, färbt das irgendwie auch auf den Leser ab.
Es werden immer wieder auch merkwürdige Träume Aubergs erzählt, die etwas mit seinem Hunger zu tun haben. Er redet immer nur von dem „Hungerengel“, den es auszutricksen gilt. Diese – selbst aufgebaute – Parallelwelt bleibt bis zum Schluss eigentlich unfassbar, ist aber wohl der einzige Weg für Lagerinsassen, den Wahnsinn zu überleben.
„Atemschaukel“ liest sich nicht unbedingt leicht. Einige Kapitel, die nur beschreiben, langweilen gar ein wenig. Aber es gibt auch immer wieder verstörende oder erhellende Einblicke. Dabei stechen gerade die Beschreibungen der anderen Lagerinsassen und die Bewertung durch Auberg hervor.