„Sie sehen so vernünftig aus, warum wählen Sie nicht SPD?“
|Die zweite Überraschung folgte kurz darauf. Obwohl die Sonne schien und die Temperaturen wirkten, als wären sie von einem normalen Thermometer nicht zu messen, war das Festzelt voll. Laut heutigen Angaben waren wohl weit über 1 000 Leuten in dem Zelt. So konnten wir uns glücklich schätzen, hinten in der Presseabteilung noch eine frei Bank zu finden.
Leider währte die Freude nicht allzu lange. Denn es handelte sich nicht nur um eine Münte-Veranstaltung, sondern wir befanden uns auf dem Wahlkampfauftakt der Hamburger-SPD.
Und das bedeutete, dass zunächst einmal ein relativ unbedeutendes musikalisches Vorprogramm mit Stepptanz und veralteten Jazz-Liedern präsentiert wurde. Danach wurden mit einer grauenhaften Moderation (Entschuldigen Sie, ich als Frau, die von Politik keine Ahnung hat, setze jetzt einfach mal meine schlaue Brille auf und stelle ihnen ein paar Fragen.) die Bundestagsdirektkandidaten der Hamburger-SPD interviewt.
Dem folgte dann aber die dritte Überraschung: Ralf Stegner, Ministerpräsidentkandidat für Schleswig-Holstein war ebenfalls anwesend.
Seine Rede, deutlich kürzer als die danach von Franz Müntefering, war dann eigentlich auch die Beste. Kurz und knapp beschrieb er, warum man an einem Kreuz für die SPD in Schleswig-Holstein eigentlich nicht vorbei kommt. Sein bestechendes Argument war dabei nicht nur, dass es schön wäre, wenn Schleswig-Holstein wieder einen Ministerpräsidenten bekäme, der sich auch für Politik interessiert.
Nein, einleuchtender waren wohl Dinge, wie das verhindern der Regionalschule und der Studiengebühren sowie das Festhalten an der Gemeinschaftsschule und dem Atomausstieg.
Als Müntefering dann anfing, waren die Temperaturen in dem Zelt kaum noch auszuhalten. Dennoch gelang es ihm eine respektabel, lange Rede zu halten.
Auch er betonte, das am Atomausstieg festgehalten werden müsse. Immerhin, so meinte er, gebe es bis heute ja noch kein sicheres Endlager für den ganzen atomaren Müll, der weltweit produziert wurde.
Im Kreisvorstand war dabei jemand nicht Müntes Meinung. Die Jusos-Achen haben nämlich wohl ein Endlager für Atommüll ausgemacht:
Wieder einmal skizzierte Münte das Wahlprogramm der SPD: Mindestlohn von 7,5€, Erhöhung des Spitzensteuersatz (Verdienst von mehr als 20 000€ im Monat) von 45 auf 47% für Bildungsausgaben, Gleichwertigkeit des Menschen und der damit verbundene Zwang gleiche Arbeit auch gleich zu bezahlen etc.
Ein paar Lacher hatte er dann aber auch noch.
Ich sag, Herr Westerwelle, wir haben in Deutschland Schweinegrippe. Was sagt er: Steuern senken. Das ist die einzige Antwort, die die FDP im Augenblick noch weiß, die aber erheblich in die Irre geht. Danach folgten noch circa fünf Minuten, in denen Münte sich fragt, wo die FDP wohl die Milliarden für die Steuersenkungen her nehmen möchte.
Und da meint noch jemand SPD-Vorschläge seien unseriös. Im Vergleich zu Steuerversprechen im Wert von zig Milliarden versteht die Presse da wohl irgendetwas falsch. Gut passend dazu ist ja auch, dass die CDU letztens bewiesen hat, wie detailliert sie ihre Steuerpläne ausgearbeitet hat.
Meine dringende Empfehlung in den nächsten Tagen und Wochen, nicht vorsichtig auf die eigene Schuhspitze gucken und sagen, ich wähle SPD, sondern die Leute angucken „Sie sehen so vernünftig aus, wieso wählen Sie nicht SPD“.
Wollen wir hoffen, dass das im Wahlkampf gelingt.
Ein kleiner Erfolg gelang uns dann noch in der Presseecke. Eine Journalistin war mit einem Stift der CDU bewaffnet. Kurzerhand wurde ihr ein JuSo/SPD-Ersatzstift überreicht. Die Antwort war angenehm: „Oh danke, soll ich diesen CDU-Stift dann selbst wegwerfen oder wollen Sie das für mich übernehmen?“
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: